Richtet Euch auf! – Aufrecht nach Brothausen – Predigt am 1.Advent

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Haben Sie auch schon vorgesorgt für den Weltuntergang? Am 21. Dezember soll es soweit sein. Endzeittheoretiker haben das Datum aus einem alten Kalender der Maya ausgerechnet.
Wie viele solcher Szenarios hat es schon gegeben? Immer waren Menschen sich sicher, dass das Ende nahe ist. Was aus denen bislang wurde, wissen wir – sonst säßen wir nicht hier.
Endzeitliche Vorstellungen, Ideen vom Ende der Welt nötigen den meisten von uns nicht mehr als ein Lächeln ab.Aber heute im Evangelium gab es durchaus ernste Worte, kein konkretes Datum, aber durchaus realistische Umstände:Es werden Zeichen sichtbar werden an Sonne, Mond und Sternen, das Meer tobt und  die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden.

Wenn wir diese Bilder wahrnehmen, welche Gefühle beschleichen uns da?

  • Lächeln wir nur darüber oder machen wir uns schon unsere Gedanken?
  • Überlegen wir zu fliehen wie die Menschen an der Pazifikküste angesichts eines drohenden Tsunami?
  • Oder ducken wir uns weg, machen wir uns ganz klein, damit wir möglichst übersehen werden?
  • Vielleicht finden wir aber auch gefallen an dem Motto, das schon in der Bibel überliefert wird: „lasst uns essen und trinken, wir sterben doch morgen!“ (Jesaja 22,13; 1. Korinther Brief 15,32)

Die Botschaft vom Untergang der Welt verbunden mit der Botschaft vom Gerichtist kein Ausrutscher in der Liturgie des Jahres. Sie ist Bestandtteil des christlichen Glaubens.

Sie soll uns allerdings keine Angst machen wie es vielleicht die Unheilsprediger vergangener Zeiten immer wieder versucht haben, in der Hoffnung, so Macht über die Menschen zu gewinnen.
Das Ende der Welt, das sich im Tod eines jeden Einzelnen von uns widerspiegelt, und das Gericht über das Leben des Menschen macht unser Leben vielmehr eindeutig und einmalig. Unser Leben plätschert nicht einfach nur dahin bis irgend einmal im Sand der Geschichte verrinnt wie Wassertropfen in der Wüste.
Es hat einen Anfang und ein Ende, das mit einer Bilanz verbunden ist. Das macht jede Tat und jedes Wort einmalig. Wir erleben es selbst: die Worte, die wir gesprochen haben, können wir oft nicht mehr zurückholen und viele Taten sind nicht mehr zu verändern, nicht mehr gut zu machen.
Sich dessen bewusst zu sein – das kann wirklich Angst machen – und hat vielen Menschen Angst gemacht. Wie werde ich dastehen vor dem Richter?
Da kann man wirklich ein Flucht oder wegducken denken. Das mag man sich angesichts des eigenen Lebens gar nicht vorstellen.
Im Evangelium verbindet der Herr das Wort vom Ende der Welt mit der Aufforderung: „Wenn (all) das beginnt,  dann richtet euch auf, und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe.“
Das klingt nicht nach Sich-klein-machen, im Gegenteil: wir sollen uns aufrichten!
Der Theologe Wolfgang Beinert hat das bevorstehende Gericht einmal so beschrieben „Ge-richt ist das Ereignis nicht des Hin-richtens (als Vernichtung des Delinquenten im extremen Fall), sondern des Her-Richtens, als Wieder-in-Ordnung-Bringen, als Recht-machen. Was zerstört oder kaputt gemacht worden ist (durch menschliche Willkür), das wird zu Recht gerückt.“ (W. Beinert, in: Das Christentum, S. 246).
So verstanden weicht die Angst. Ich werde nicht hingerichtet, sondern hergerichtet. In dieser Erwartung kann ich mich wahrlich aufrichten, denn es geht um meine Erlösung.
Es geht darum, dass all das Unfertige, das Fragmentarische, das Un-Heile, das Böse in mir, in die rechte Ordnung gebracht wird.
Das kann schmerzvoll sein, das können Höllenqualen sein, weil ich erlebe, wie mein ganzes Leben, das mir doch so wertvoll war, auf dem Prüfstand steht, und Licht Gottes so manche Schattenseite sichtbar wird.
Aber: der, der da kommen wird, ist niemand anders als der, der schon da ist, der uns jetzt und hier schon begegnet, im Gebet, in seinem Wort und in der Speise der Eucharistie, in jedem Menschen, der unsere Hilfe braucht.
Er will uns nicht Angst machen, sondern jetzt und hier schon in diese Begegnung mit ihm einladen.
Die Christen in der ersten Jahrhunderte hatten das schon verstanden: als schon Erlöste feierten sie den Gottesdienst aufrecht, stehend – in der Osterzeit war sogar jedes Knien untersagt.
Nicht weil die Christen der ersten Zeit nicht fromm waren oder weil sie Gott die Ehre verweigern wollten. Sie wussten: es gibt nach dem letzten Tag noch ein einen Tag. Seinen Tag. Das Ende wird ein Neuanfang sein – und sie waren überzeugt: in Tod und Auferstehung Jesu haben wir es schon erlebt. In der Taufe ist es uns gesagt worden, dass dieses nicht nur für den Herrn gilt, sondern auch für uns. Richtet Euch auf, denn Eure Erlösung ist nahe!
Deshalb laden wir Sie ein, aufrecht in diesen Advent hineinzugehen, wie unser Mensch hier vorne in der Krippenweg-Darstellung. Aufrecht nach Bethlehem, nach Brothausen. Aufrecht und wachsam!

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