Von Papst Silvester, der im 4.Jahrhundert lebte, wird erzählt, dass er bei einem Ritt von Rom nach Trier durch die heutige Stadt Mayen gekommen sei, weshalb er dort im Ortsteil Hausen sehr verehrt wird. Vielleicht hat ein Dernauer Ehepaar von dort vor 700 Jahren eine Reliquie des Heiligen mit nach Dernau gebracht und ein Hospital für Arme und Kranke mit einer Kapelle gestiftet, die dem Papst Silvester geweiht wurde. Die Kapelle steht heute noch, dient aber schon seit langem als Sakristei der heutigen Pfarrkirche. In der Pfarrkirche erinnert ein Seitenaltar an den Hl. Silvester und dieses Stück Glaubensgeschichte in Dernau.
Eine Pferdesegnung an Silvester ist auch an anderen Orten überliefert. Pferde waren früher für die Arbeit in der Landwirtschaft und als Transportmittel unverzichtbar. Heute überwindet der Mensch Entfernungen mit Fahrzeugen. Deshalb segnen wir nach dem Gottesdienst auch die Fahrzeuge, vom Auto bis zum Fahrrad.
Predigt zu Silvester
„Es fängt nicht alles neu an,
das Getane, das Angetane,
das Nichtgetane, das Vertane wechseln mit uns das Jahr.
Der winzige Schritt des Zeigers vom alten Namen zum neuen löst Äußeres ab.«
So schreibt Christa Peikert-Flaspöhler in ihrem Gedicht »Wechsel«.
Und sie hat Recht. Es fängt nicht alles neu an in der kommenden Nacht. Wir bleiben die Alten. Unser Leben bleibt das alte.
Aber in allen Kulturen ist der Wechsel vom alten zum neuen Jahr etwas Besonderes und mit vielen Bräuchen verbunden. Denn es tut uns gut, unserer Zeit einen Rhythmus zu geben und im Wechsel von einem Jahr zum anderen unser Leben zu bedenken, zu danken, neue Hoffnung zu schöpfen und Vorsätze zu fassen
1. Stunden der Dankbarkeit
Beginnen wir mit der Dankbarkeit: „Bad news are good news“ heißt es bei den Medien. Schlechten Nachrichten sind gute Nachrichten. Das Negative schiebt sich auch in unserem Gedächtnis oft in den Vordergrund. Wir erinnern uns schneller an Fehler und Versagen, an Enttäuschungen und Scheitern als an die gelungenen Dinge der Vergangenheit.
Deshalb möchte ich Sie einladen bei allem, was das vergangene Jahr auch an Schwerem und Belastenden den Einzelnen gebracht hat, in dieser Stunde und vielleicht auch in den letzten Stunden des alten Jahres die Dankbarkeit in den Vordergrund zu stellen.
„Die Dankbarkeit ist das Gedächtnis des Herzens„.
Es gilt zu danken, für alles, was uns und den Mitmenschen gut getan, für alles was uns gelungen ist oder unverhofft zuteil wurde, für alles was wir dazugelernt haben, für alle neuen und guten Erfahrungen der vergangenen Monate.
Silvester ist die Stunde der Dankbarkeit gegenüber Gott und den Menschen.
- Stunden der Hoffnung
„Etwas fehlt immer“ – so heißt es in einem Gedicht zum Jahreswechsel. „Tröste dich. Jedes Glück hat einen kleinen Stich.“
Ja, es stimmt: bei allem menschlichen Bemühen gibt es nicht die perfekte Welt! Weder die große, noch unsere kleine.
Auch wenn wir vieles haben, auch wenn wir vieles können, vollkommen ist es nicht! Auch das wird uns in diesen Stunden des alten Jahres oft schmerzvoll bewusst.
Vielleicht ergeht es Ihnen auch so:
Sie treten mit einem Problem auf der Stelle und kommen nicht weiter.
Sie haben Sorgen um die Kinder oder Enkelkinder.
Ein lieber Mensch an ihrer Seite oder aus Ihrer Nähe ist gestorben.
Sie kommen wirtschaftlich kaum über die Runden oder fühlen sich einsam.
Diese und andere Erfahrungen machen den Jahreswechsel immer auch zu einer Stunde der Hoffnung. Es muss besser werden.
Hoffnung ist die Kraft, die von innen kommt, die aus Liebe und Beziehung erwächst, zu Menschen und zu Gott. So ist der Silvester auch die Stunde der Hoffnung, dass Lasten von uns genommen werden oder wir Kraft haben sie zu tragen, dass Gott selbst an uns ersetzt, was an uns noch fehlt.
- Stunde der guten Vorsätze
Haben Sie noch das Evangelium im Ohr?
Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht; denn getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen.
Mein Vater wird dadurch verherrlicht, dass ihr reiche Frucht bringt und meine Jünger werdet.
Das Bild kennen Sie: nur die Rebe, die mit dem Weinstock verbunden ist, kann Frucht bringen.
Und die Erwartung des Herrn ist: Es geht nicht nur darum, dass wir mit dem Weinstock Jesu in Kontakt bleiben, sondern wir sollen Frucht bringen.
Unsere Umwelt, vielleicht unsere Familie und Freunde, würden es anders formulieren: wir sollen Erfolg haben. Erfolg lässt sich messen: in der Zahl der Rebstöcke, in Quadratmetern Grundbesitz, im Einkommen und Erlös, in beruflicher Stellung und was es sonst noch für Maßstäbe gibt. Aber Erfolg ist keine Vokabel Gottes.
Gottes Maßstab ist das Frucht bringen – eine Frucht dient dem Leben, einmal durch den Samen, den sie in sich trägt, einmal durch die Nahrung, die sie uns bietet.
Aus der Sicht des Winzers könnte man noch sagen: die Frucht ist dann gut, wenn daraus ein guter Wein wird, den man genießen kann.
Wenn es also um einen Vorsatz für das neue Jahr geht, dann könnten wir es mit diesem einen Vorsatz bewenden lassen: ich will Frucht bringen. Ich will da, wo ich lebe, dem Leben der Menschen dienen, in der Art wie ich rede und wie ich handle will ich genießbar sein.
Die Stunden der Dankbarkeit, der Hoffnung und des guten Vorsatzes erreichen ihren Höhepunkt um Mitternacht. Aber keine Kaffeesatzleserei und kein Blei Gießen kann uns einen Blick in das neue Jahr eröffnen.
Es liegt vor uns in der Dunkelheit, die auch kein Feuerwerk erhellen könnte. Der Engel, der an der Pforte des neuen Jahres steht, sagt uns: Gehe nur hin in die Dunkelheit und lege deine Hand in die Hand Gottes! Das ist besser als ein Licht und sicherer als ein bekannter Weg!