In einer Stimme verschwebenden Schweigens

P1000912Resignation und Frustration sind Schlagworte unserer Tage geworden. Keiner von uns kann sich freihalten von Enttäuschungen. Je größer der persönliche Einsatz gewesen ist, desto härter trifft uns das Versagen. Dann brechen Welten zusammen, das Lebensboot wird hin und her geworfen, die Menschen haben Angst, unterzugehen.
Elija, einer der frühen Propheten, hat das erlebt. Mit seiner ganzen Existenz hat er sich für die Sache Gottes engagiert. Aber er muss auch erleben, dass seine Gegner sehr stark sind. Er gerät in Angst. Er flieht in die Wüste und will sterben. „Es ist genug, Gott“, sagt er und wünscht sich den Tod herbei.
Unerwartetes geschieht in der menschenleeren Wüste. Es beugt sich jemand über ihn, rührt ihn an und fordert ihn auf: „Steh auf und  iß“. Ein Engel macht ihm bewusst, es ist noch nicht an der Zeit, zu sterben. Gott hat noch etwas mit Dir vor.
Elija folgt dem Wort und wandert vierzig Tage zum Gottesberg Horeb. Hier erfährt Elija Gott – aber nicht in Macht und Herrlichkeit, nicht gewaltig wie ein Sturm, umstürzend wie ein Erdbeben, verzehrend wie ein Feuer. Er erfährt Gott nicht so, wie er es sich vielleicht vorgestellt hatte. Er der große Kämpfer erlebt ihn nicht in einer großen Aktion, in einem alles überbietenden Schauspiel. Gott zieht vorüber im Unscheinbaren. So wie das Säuseln des Windes kaum bemerkbar, aber doch gegenwärtig ist. Elija hört „in einer Stimme verschwebenden Schweigens“ (so übersetzt es Martin Buber)was Gott noch alles mit ihm vorhat.
Ich spüre, hier ist von mir die Rede. Ich bin auch nicht frei von Resignation, ich kenne auch den Rückzug in die Einsamkeit, in der ich am liebsten von niemanden mehr etwas wissen  will. Ich habe auch schon gesagt: „Es ist genug, Herr. Es reicht, ich kann nicht mehr“.
Und ich habe auch erfahren, wie gut es dann tut, wenn einer meinen Weg kreuzt und zu mir sagt: Steht auf, laß dich nicht hängen, stärke dich – und der mir dann zu verstehen gibt, Du wirst noch gebraucht. Dein Leben ist noch nicht zu ende.
Zufall – könnte man in solchen Situationen sagen. Aber wer hindert mich daran, solche Ereignisse auf Gott hin zu deuten und wer sagt, dass Engel nicht auch Menschengesichter haben können.
Menschen, die mir Mut machen. Menschen, die mich ernst nehmen, die meine Angst sehen und verstehen. Menschen, hinter denen ich den Herrn selbst erkenne, der im Sturm meines Lebens an mein hin und her geworfenes Lebensboot herantritt und mir sagt: „Hab Vertrauen, ich bin es, ich laß Dich nicht allein, ich bin bei Dir“.

Bringt her, was Ihr habt!

Bread and fishWenn jeder gibt, was er hat, dann werden alle satt, heißt es in einem modernen Kinderlied. Die Kleinen lernen es schon im Kindergarten: wenn jeder mit den anderen teilt, bekommen alle etwas mit.
Aber so einfach ist die Situation nicht in dieser abgelegenen Gegend, wohin die Menschen Jesus zu Tausenden gefolgt sind. Sie hatten die Zuwendung des Herrn erfahren, sie hatten erlebt, der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Am Abend stellt sich dann doch der leibliche Hunger ein. Wie sollen sie satt werden?
Schick doch die Menschen weg, ist der erste Lösungsvorschlag der Apostel. Durchaus intelligent auf den ersten Blick. So sind wir Menschen oft: wir erstellen Aktionspläne, die von anderen etwas verlangen und einen selbst aus dem Spiel halten. Die sollen gehen, damit wir Ruhe haben.
Die Antwort, die Jesus gibt, verblüfft: Sie brauchen nicht wegzugehen. Gebt ihr ihnen zu essen!  Die Jünger können sich nicht raushalten und innerlich davon stehlen. Sie müssen überlegen, was die Menschen zum Leben brauchen und dies ihnen geben. Einfach nur gute Ratschläge oder Verweis auf die Hilfe anderer ist nicht angesagt. Wir kennen das: oft wird Nächstenliebe organisiert, von den Profis, die das gelernt haben, von Organisationen, die dafür das Know-how besitzen. Aber hier sind wir selbst gefragt: Gebt ihr ihnen zu essen.
Die Reaktion der Jünger ist typisch auch für viele Zeitgenossen heute: „Wir haben nur fünf Brote und zwei Fische bei uns“, D.h. im Klartext: wir haben zu wenig.
Sie starren auf das Defizit! Wir haben nur fünf Brote und zwei Fische. Wir haben zu wenig von diesem oder jenem. Das wird nicht reichen. Das schaffen wir nicht. Und wie die Ausreden alle heißen.
Aber Jesus lässt sich nicht beirren: „Bringt sie her!“  Drei Worte schaffen dem Wunder Raum.
Bringt her, was Ihr habt – an Gaben und Begabungen, an Zeit, an Fähigkeiten. Denkt nicht daran, dass es wieder mal nicht reichen könnte, das frustriert nur.
Bringt her, was Ihr habt – unter den Händen des Herrn wird soviel daraus, dass alle satt werden.
Wann habe ich das letzte Mal herbeigebracht, was ich habe, statt aufzurechnen, was fehlt? In der Hektik des Alltags übersehe ich ganz schnell das, was ich besitze, und wenn es nur fünf Brote und zwei Fische sind. Im Reich Gottes kann daraus schnell Überfluss werden.