Licht in der Dunkelheit

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Fenster in der Kirche in Boden/Tirol

Nebel und Nässe, grauverhangener Himmel und auch der erste Frost prägen diesen Monat November. Der Abschied vom Sommer ist endgültig, die Natur hat ihren farbenprächtigen Mantel abgelegt,
mit dem sie sich in den letzten Wochen noch einmal üppig geschmückt hatte und das Kleid des Todes übergezogen. Die Kälte kündet schon vom bevorstehenden Winter. Es zieht uns zurück in die Häuser, ins Trockne und Warme. Die Elemente draußen verbreiten
eine Ahnung vom Tod: der Nebel, der sich wie ein Schleier über dieWelt legt und alles scheinbar Bekannte geheimnisvoll verhüllt, lässt uns einsam, melancholisch werden. Da tut es gut, dass das kirchliche Brauchtum in diesen Tagen einen anderen Akzent setzt: das Martinsfest wirkt wie ein Kontrast in diesem düsteren Monat.
Das Licht der Laternen und das Martinsfeuer kämpfen an gegen den Nebel und die Dunkelheit. Die frohen Lieder, die die Kinder singen, künden von der Tat des Heiligen, die ihm in den Herzen der Menschen einen Platz gesichert hat: mit einem Bettler am Stadttor von Amiens teilte er seinen Soldatenmantel. Gewiss nur ein kleiner Akt der Nächstenliebe und doch spüren die Menschen durch die Jahrhunderte hindurch, dass solche Taten das Leben eigentlich ausmachen, das Leben ermöglichen. Das Martinsfest markierte früher den letzten Tag vor der damals noch üblichen Fastenzeit vor Weihnachten. Nach einem üppigen Mahl begann die Zeit der Vorbereitung auf jenes Fest, das von der Liebe Gottes zu den Menschen in einer Weise kündet, die Menschen selbst sich nicht ausdenken können: „Gott wird Mensch!“

Das Weihnachtsfasten gibt es nicht mehr. Aber trotzdem begegnet uns das Fest in unseren Großstädten schon auf Schritt und Tritt: die Dekorationen und Illuminationen der Geschäfte sprechen eine eindeutige Sprache. Wir spüren, dass das kalte Licht dieser Kerzen die Dunkelheit unseres Lebens nicht durchdringen kann. Die Geschenke, die da angeboten werden, sind kaum dazu angetan, anderen das Leben zu ermöglichen. In den Martinsfackeln der Kinder jedoch leuchtet schon das Licht der Heiligen Nacht auf und das Leben des Heiligen erscheint so wie der Widerschein jener Liebe Gottes, die in Jesus Christus Mensch geworden und die allein das Leben schenkt über den Tod hinaus.