Gott im Boot meines Lebens

Weihnachten 2018 Pfarrkirche Juist

Sie haben es gewiss schon gesehen: Die Hl. Familie befindet sich hier vorne nicht in einem Stall, sondern in einem Boot. Was soll das? fragen Sie sich mit Recht, auch wenn sie diese Darstellung als Juister schon gewohnt sind.

Schiffe sind für Sie, die Sie hier auf der Insel leben, aber auch für mich als Rheinländer nichts Ungewöhnliches: Seit Jahrhunderten transportieren die Schiffe auf den Meeren und auf den Strömen Menschen und Güter, nicht nur von der Insel zum Festland, oder von einem Ufer zum anderen, sondern auch über weite Entfernungen. Manch einer von Ihnen hat vielleicht schon einmal eine Kreuzfahrt unternommen und die Annehmlichkeiten einer solchen Schifffahrt genossen.

Unsere Sprache kennt viele Assoziationen aus der Seefahrt: „Wir sitzen alle in einem Boot“, heißt es da.
„Die Ratten verlassen das sinkende Schiff“, befürchten einige.
„Da wird jemand ausgebootet“, stellen wir fest.
„Einer kommt vom Kurs ab“ und „Klippen müssen umschifft werden“.
Wir kennen menschliche Wracks und wissen, dass Menschen Schiffbruch erleiden können auch wenn sie sich nicht auf offenem Meer befinden.

Albert Einstein hat festgestellt: „Mir kommt das Leben der Menschen vor wie ein großes Schiff.“ Und Martin Luther meint: „Unser Leben ist gleich wie eine Schifffahrt.“ –

Sie merken, es geht um uns bei diesem Zeichen hier vorne, um Sie und mich. Ich möchte Sie einladen, ein wenig bei diesem Bild zu verweilen.

Mit welchem Schiff lässt sich Ihr Leben vergleichen:

  • Mit einem Lastkahn, der schwer zu tragen hat und nicht nur die eigenen, sondern auch fremde Lasten trägt?
  • Mit einem Ausflugsdampfer, auf dem nur Frohsinn herrscht?
  • Mit einem Treidelkahn auf einem Fluß, der nicht aus eigener Kraft vorankommt und gezogen werden muss?
  • Mit einem Segelschiff, das bei passendem Wind majestätisch durch das Wasser segelt und bei Flaute vor sich hin dümpelt?

Mit welchem Schiff lässt sich Ihr Leben vergleichen?

Hohe Wellen und Gegenwind bringen das Schiff in große Not. Jeder von uns kennt Wellen und Gegenwind auch aus seinem eigenen Leben. Nicht nur am dunklen Welthorizont ziehen dunkle Wolken auf und blitzt es und kracht es.

Auch im privaten Bereich gibt es viel Not:

  • Da ist der Mensch, der enormen Gegenwind bekommt, weil er entschieden zu seiner Überzeugung steht.
  • Da ist ein anderer, der von einer Welle der Entmutigung eingeholt wird, und keine Zukunft mehr sieht.
  • Da ist das Ehepaar, das in den Strudel gegenseitiger Vorwürfe geraten ist und deren Ehe zu scheitern droht.
  • Da ist die Familie, die in die Tiefen einer schweren Krankheit hineingezogen wird.
  • Und da ist die Verwandtschaft, bei der es in den zwischenmenschlichen Beziehungen nur so brodelt und einfach keine Versöhnung in Sicht kommt.

Ja, das Bild ist treffend – unser Leben ist wie ein Schiff!
Heute feiern wir, dass Gott Mensch geworden ist! Heute feiern wir, dass Gottes Sohn hineingelegt worden ist in das Schiff meines Lebens.
Vielleicht sträubt sich jetzt etwas in Ihnen – weil ihr Lebensschiff Ihnen als wenig geeignet erscheint, um eine solche Fracht zu transportieren.

  • Weil es nicht aufgeräumt ist und sie immer noch alte Sachen mit sich herumschleppen.
  • Weil es Ihnen zu ramponiert erscheint, weil sie oft angestoßen sind, wenn Sie in einem Hafen Halt gemacht haben.
  • Weil Sie sich nie Zeit genommen haben, die Schäden zu reparieren, die Schiff im Laufe der Jahre bekommen hat.

Egal in welchem Zustand das Schiff ist – das Kind will mit Ihnen unterwegs sein. Nicht nur heute und morgen, sondern Ihre ganze Lebensreise lang.

Die Stürme werden nicht weniger, der Gegenwind wird weiterhin zu spüren sein, noch manche Welle wird Ihnen Sorgen machen und die Lasten nehmen auch nicht ab – aber das Kind, das die Engel „Retter Messias, der Herr“ nennen, will mit Ihnen auf die Lebensreise gehen. Nicht nur mit dem Lächeln eines Kindes, sondern mit der ganzen Macht seiner Botschaft!

Wie soll das gehen? Schauen Sie auf die Hirten: Sie kehren nach ihrem Gang zur Krippe nach Bethlehem zu den Herden zurück, aber sie sind nicht mehr dieselben.

Sie tun dieselbe Arbeit wie vorher. Sie leben in denselben Verhältnissen und sind doch andere geworden. Sie kehren zurück und loben Gott wegen alle dem, was sie gehört und gesehen haben.

Früher hatten sie keine Zeit für das Gotteslob; denn als Hirten müssen sie weiterhin auf ihre Herden aufpassen und können nicht am Gottesdienst teilnehmen.

Als Menschen aber, die die Botschaft der Engel hörten und die in Bethlehem gewesen waren, erinnern sie sich an Gott.
So hat sich ihr Alltag hat sich verändert.

Es kommt ein Schiff geladen – so beginnt ein altes Advents- und Weihnachtslied. Jetzt ist es mit seiner teuren Last angekommen und das Kind ist umgestiegen in unser Lebensboot.

Schiffe sind nicht gemacht für den Hafen. Sie müssen hinaus. Jetzt an Weihnachten haben wir hoffentlich alle irgendwo festgemacht. Aber danach geht es wieder hinaus – mit dem menschgewordenen Gott im gleichen Boot. Wenn das kein Grund zu Freude ist!