Sind Sie auch ein Zachäus?

Kennen Sie eigentlich Zachäus? In der Bibel steht eine Geschichte über ihn: er war klein von Gestalt und bei seinen Mitmenschen mehr als unbeliebt. Von Beruf war er Zöllner, genauer gesagt: Oberzöllner. In biblischer Zeit kein geschätzter Beruf, denn die Zöllner, die ihre Stationen von der römischen Besatzungsmacht gepachtet hatten, waren oft willkürlich in ihrer Festsetzung der Zölle und Steuern.

Ihren Reichtum hatten sie sich auf sehr unsaubere Art erworben. Da klingt der Name des Zachäus schon fast wie Hohn, übersetzt heißt er soviel wie „rein“. Wie gesagt: er war klein von Gestalt. So wundert es nicht, dass er auf einen Baum klettert, als ein gewisser Jesus aus Nazareth in die Stadt kommt, von dem alle Welt spricht. Vielleicht weil ihm die größeren Zeitgenossen den Blick versperrten oder weil er im Blätterwerk des Baumes nicht gesehen werden wollte. Er wäre nicht der erste, der sich schuldbewusst versteckt hat – Adam lässt grüßen.

Das Überraschende geschieht: Jesus nimmt den Verborgenen wahr und lädt sich zu ihm ein. „Heute will ich in Deinem Haus zu Gast sein!“ Aber hallo, Herr Jesus – da stehen doch wohl Frommere am Wegesrand, vielleicht sogar die neugierige High Society von Jericho. Oder auch Arme, denen ja sonst deine Aufmerksamkeit gilt. Und dich zieht es ausgerechnet zu diesem Halsabschneider, mit dem ein „anständiger Jude“ keine Gemeinschaft hat. – So oder ähnlich wird man damals auf den Straßen Jerichos getuschelt haben.

Jesus, der „Freund der Zöllner und Sünder“, wie man ihn nennt, lässt sich nicht beirren. Schnell soll Zachäus seinen Aussichtspunkt, sein Versteck verlassen, damit Jesus bei ihm einkehren kann. Ohne Vorbedingung, ohne „Taufschein“ (gab es damals noch nicht – aber man weiß was gemeint ist), ohne Glaubensbekenntnis, ohne Gegenleistung. Einfach so. „Freudig“ nahm er ihn bei sich auf.

Das Zerbrochene bleibt

Kintsugi

Kintsugi

Und dann muss etwas passiert sein. Etwas hat sich ereignet zwischen Gast und Gastgeber. Ich kann es mir nur so erklären: Zachäus steht plötzlich vor dem Scherbenhaufen seines Lebens. Er will alles wieder gut machen und erlebt, dass der Gast es ist, der die Scherben neu zusammenfügt – so wie man es bei der japanischen Kintsugi-Kunst anschaulich erlebt: das Zerbrochene bleibt aber in einer neuen, kostbaren Gestalt. „Heute ist Rettung diesem Haus widerfahren“, heißt es in der Bibel.

Die Begegnung zwischen Jesus und Zachäus hat das Leben des Zöllners in Ordnung gebracht. „Heute ist ein Freudentag“, sagt Jesus in einer modernen Übersetzung. Das was keiner seiner Zeitgenossen für möglich hielt, erlebt Zachäus in seinem eigenen Haus: die Zusage, er ist ein Sohn Abrahams, verloren und wieder gefunden. Der kleine Mann ist plötzlich ein Großer im Reich Gottes!

Die bedingungslose Zuwendung Gottes, die in Jesu Wort und Handeln deutlich wird, macht das Haus des Zachäus zu einem heiligen Ort, zu einem Ort des Heils.

„lukas19“ – eine neue Möglichkeit, Kirche zu sein

Was hindert mich daran, zu glauben, dass auch mein Zuhause ein heiliger Ort ist?
Das war die Geburtstunde von „lukas19“, dem Netzwerk von Menschen, die wie ich daran glauben, dass sie Menschen wie Zachäus sind und deren Zuhause auch ein heiliger Ort ist. Dort feiern sie Gottesdienst, digital verbunden mit anderen Menschen. „lukas19“ – weil die Geschichte von dem kleinen Zachäus im 19.Kapitel des Lukas-Evangeliums aufgeschrieben ist.
Netzwerk „lukas19“ – eine neue Möglichkeit von Kirche – anders als wir es gewohnt sind und vielleicht zukunftsfähig.

Sie wollen mehr über „lukas19“ wissen – Lesen Sie HIER nach!
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Das Kind uns!

Heute ist „Weißer Sonntag“, traditionell der Tag der Erstkommunion. In diesem Jahr macht Corona den Kindern das Fest unmöglich. Schade, sehr schade. Mir geht noch etwas anderes durch den Kopf und das Herz.
Mit dem Herzen, mit dem Munde schwören wir, Gott treu zu sein“ – so sangen wir damals bei unserer Erstkommunion. Erinnern Sie sich noch? Wir Jungen standen in unseren dunklen Anzügen und kratzenden Strümpfen, die Mädchen in ihren weißen Kleidern mit brennenden Kerzen in den Händen vor dem Altar und legten unser Glaubensbekenntnis ab. Erstkommunion! Lange ist es her. Damals war die Welt für mich noch in Ordnung.
Heute bin ich erwachsen und kenne ein Stück von der Welt und vom Leben. Ich weiß, dass nicht alles so rosig aussieht, wie ich es mir als Kind geträumt habe. Kompliziert und grausam kann diese Erde sein und die Menschen machen sich das Leben gegenseitig schwer. Ich habe Kinder sterben sehen und an Gott gezweifelt, ihm meine Fragen entgegen geschleudert.
Ich habe in den Jahrzehnten von immer neuen Katastrophen gelesen, bemerkt, wie teilnahmslos wir Menschen geworden sind, wie wir zwar klagen über so manche Ungerechtigkeit, aber kaum etwas dagegen unternehmen. Angesichts der Corona-Pandemie schützen wir uns mit Erfolg, wie die Virologen sagen. Was aber ist mit denen, denen es nicht gelingt – weder gesundheitlich noch finanziell? Die Fragen werden nicht weniger.
Als Erstkommunionkinder hatten wir es gut. Solange wir noch nicht zu Erwachsenen geworden waren, konnten wir uns über Geschenke freuen, ohne gleich an die Gegenleistung zu denken, auf die Menschen zugehen, offen, neugierig, voller Fragen. Wir vergaßen im Spiel die Zeit, tauchten dabei ein in eine andere Welt. Glauben fiel uns leicht. Wir hatten oft einen direkten Zugang zu Bildern, die wir uns heute mühsam entschlüsseln müssen. „Die großen Leute„, so heißt es in „Der kleine Prinz“ von Antoine de Saint-Exupery, „verstehen nie etwas von selbst, und für Kinder ist es zu anstrengend, ihnen immer und immer erklären zu müssen.
Im Neuen Testament vergleicht Jesus die Menschen im Reich Gottes mit Kindern. Die Zeit lässt sich für uns nicht zurückdrehen, unsere Kinderschuhe passen uns nicht mehr. Aber das Kind in uns dürfte schon öfter zum Vorschein kommen. Vielleicht fiele uns dann manches leichter, mit uns selbst, mit den anderen, mit Gott.