Ein Vorsatz für das neue Jahr: Genießbar sein!

Von Papst Silvester, der im 4.Jahrhundert lebte, wird erzählt, dass er bei einem Ritt von Rom nach Trier durch die heutige Stadt Mayen gekommen sei, weshalb er dort im Ortsteil Hausen sehr verehrt wird. Vielleicht hat ein Dernauer Ehepaar von dort vor 700 Jahren eine Reliquie des Heiligen mit nach Dernau gebracht und ein Hospital für Arme und Kranke mit einer Kapelle gestiftet, die dem Papst Silvester geweiht wurde. Die Kapelle steht heute noch, dient aber schon seit langem als Sakristei der heutigen Pfarrkirche. In der Pfarrkirche erinnert ein Seitenaltar an den Hl. Silvester und dieses Stück Glaubensgeschichte in Dernau.

Eine Pferdesegnung an Silvester ist auch an anderen Orten überliefert. Pferde waren früher für die Arbeit in der Landwirtschaft und als Transportmittel unverzichtbar. Heute überwindet der Mensch Entfernungen mit Fahrzeugen. Deshalb segnen wir nach dem Gottesdienst auch die Fahrzeuge, vom Auto bis zum Fahrrad.

Predigt zu Silvester

Es fängt nicht alles neu an,
das Getane, das Angetane,
das Nichtgetane, das Vertane wechseln mit uns das Jahr.
Der winzige Schritt des Zeigers vom alten Namen zum neuen löst Äußeres ab

So schreibt Christa Peikert-Flaspöhler in ihrem Gedicht »Wechsel«.
Und sie hat Recht. Es fängt nicht alles neu an in der kommenden Nacht. Wir bleiben die Alten. Unser Leben bleibt das alte.

Aber in allen Kulturen ist der Wechsel vom alten zum neuen Jahr etwas Besonderes und mit vielen Bräuchen verbunden. Denn es tut uns gut, unserer Zeit einen Rhythmus zu geben und im Wechsel von einem Jahr zum anderen unser Leben zu bedenken, zu danken, neue Hoffnung zu schöpfen und Vorsätze zu fassen

1. Stunden der Dankbarkeit
Beginnen wir mit der Dankbarkeit: „Bad news are good news“ heißt es bei den Medien. Schlechten Nachrichten sind gute Nachrichten. Das Negative schiebt sich auch in unserem Gedächtnis oft in den Vordergrund. Wir erinnern uns schneller an Fehler und Versagen, an Enttäuschungen und Scheitern als an die gelungenen Dinge der Vergangenheit.

Deshalb möchte ich Sie einladen bei allem, was das vergangene Jahr auch an Schwerem und Belastenden den Einzelnen gebracht hat, in dieser Stunde und vielleicht auch in den letzten Stunden des alten Jahres die Dankbarkeit in den Vordergrund zu stellen.
Die Dankbarkeit ist das Gedächtnis des Herzens„.
Es gilt zu danken, für alles, was uns und den Mitmenschen gut getan, für alles was uns gelungen ist oder unverhofft zuteil wurde, für alles was wir dazugelernt haben, für alle neuen und guten Erfahrungen der vergangenen Monate.
Silvester ist die Stunde der Dankbarkeit gegenüber Gott und den Menschen.

  1. Stunden der Hoffnung
    Etwas fehlt immer“ – so heißt es in einem Gedicht zum Jahreswechsel. „Tröste dich. Jedes Glück hat einen kleinen Stich.“

Ja, es stimmt: bei allem menschlichen Bemühen gibt es nicht die perfekte Welt! Weder die große, noch unsere kleine.
Auch wenn wir vieles haben, auch wenn wir vieles können, vollkommen ist es nicht! Auch das wird uns in diesen Stunden des alten Jahres oft schmerzvoll bewusst.
Vielleicht ergeht es Ihnen auch so:
Sie treten mit einem Problem auf der Stelle und kommen nicht weiter.
Sie haben Sorgen um die Kinder oder Enkelkinder.
Ein lieber Mensch an ihrer Seite oder aus Ihrer Nähe ist gestorben.
Sie kommen wirtschaftlich kaum über die Runden oder fühlen sich einsam.

Diese und andere Erfahrungen machen den Jahreswechsel immer auch zu einer Stunde der Hoffnung. Es muss besser werden.
Hoffnung ist die Kraft, die von innen kommt, die aus Liebe und Beziehung erwächst, zu Menschen und zu Gott. So ist der Silvester auch die Stunde der Hoffnung, dass Lasten von uns genommen werden oder wir Kraft haben sie zu tragen, dass Gott selbst an uns ersetzt, was an uns noch fehlt.

  1. Stunde der guten Vorsätze

Haben Sie noch das Evangelium im Ohr?
Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht; denn getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen.
Mein Vater wird dadurch verherrlicht, dass ihr reiche Frucht bringt und meine Jünger werdet.

Das Bild kennen Sie: nur die Rebe, die mit dem Weinstock verbunden ist, kann Frucht bringen.
Und die Erwartung des Herrn ist: Es geht nicht nur darum, dass wir mit dem Weinstock Jesu in Kontakt bleiben, sondern wir sollen Frucht bringen.

Unsere Umwelt, vielleicht unsere Familie und Freunde, würden es anders formulieren: wir sollen Erfolg haben. Erfolg lässt sich messen: in der Zahl der Rebstöcke, in Quadratmetern Grundbesitz, im Einkommen und Erlös, in beruflicher Stellung und was es sonst noch für Maßstäbe gibt. Aber Erfolg ist keine Vokabel Gottes.

Gottes Maßstab ist das Frucht bringen – eine Frucht dient dem Leben, einmal durch den Samen, den sie in sich trägt, einmal durch die Nahrung, die sie uns bietet.
Aus der Sicht des Winzers könnte man noch sagen: die Frucht ist dann gut, wenn daraus ein guter Wein wird, den man genießen kann.

Wenn es also um einen Vorsatz für das neue Jahr geht, dann könnten wir es mit diesem einen Vorsatz bewenden lassen: ich will Frucht bringen. Ich will da, wo ich lebe, dem Leben der Menschen dienen, in der Art wie ich rede und wie ich handle will ich genießbar sein.

Die Stunden der Dankbarkeit, der Hoffnung und des guten Vorsatzes erreichen ihren Höhepunkt um Mitternacht. Aber keine Kaffeesatzleserei und kein Blei Gießen kann uns einen Blick in das neue Jahr eröffnen.

Es liegt vor uns in der Dunkelheit, die auch kein Feuerwerk erhellen könnte. Der Engel, der an der Pforte des neuen Jahres steht, sagt uns: Gehe nur hin in die Dunkelheit und lege deine Hand in die Hand Gottes! Das ist besser als ein Licht und sicherer als ein bekannter Weg!

Das erste und das letzte Wort Jesu

oder: wenn der Pfarrpatron plötzlich mit einem spricht.
Predigt beim Patrozinium in Dernau

Beim Adventskonzert vor knapp zwei Wochen hatte ich einen besonderen Platz. Ich saß dort rechts außen und hatte einen guten Blick auf die Figur des Heiligen Johannes, der sich dort hinter dem Weihnachtsbaum jetzt etwas versteckt.

Dort steht er, zu Füßen den Adler, sein Symboltier, und in der Hand einen Kelch, aus dem eine Schlange hervorlugt. Das erinnert an die Legende, die von ihm erzählt wird.
Am meisten faszinierte mich, dass der Künstler des 18.Jahrhunderts diese Figur so dynamisch dargestellt hat. Gegensatz zu den Heiligen Silvester, Sebastian und Quirinus, die steif und starr hier auf ihren Podesten stehen, steckt in der Figur des Johannes Bewegung drin.
Vielleicht ist das eine erste Aufforderung unseres Pfarrpatrons: seid eine Gemeinde in Bewegung. Wir erleben es, die Welt dreht sich schnell, manchmal zu schnell. Wir müssen nicht hinterher hecheln, sondern mit ihr in Bewegung bleiben, alles prüfen und das Gute behalten.(1 Thess 5,21)

Als ich da saß, der wunderbaren Musik lauschte, habe ich den heiligen Johannes gefragt, was willst du uns denn noch sagen? Ich meine zwei Fragen und zwei Aufforderungen gehört zu haben – aber vielleicht habe ich mich auch verhört. Sie können es selbst überprüfen.

Das erste, was ich von ihm hörte: Schau im ersten Kapitel meines Evangeliums nach. Dort findest Du das erste Wort Jesu in meinem Evangelium. (Joh 1,35-39)

Jesus beginnt sein öffentliches Wirken mit einer Frage. Er fragt die Schüler des Täufers, die ihm neugierig nachgehen: Was sucht ihr? Eine Frage, die ins Herz trifft.
Unsere Existenz ist eine fragende Existenz. Kinder können nerven mit ihren Fragen. Durch Fragen lernen sie ihre Welt kennen. Fragen öffnen für das Neue. Sie halten Überraschungen für uns bereit,

Was suchst du? fragt Jesus auch mich. Was suchst du? Ja, was suche ich? Es ist nicht die Frage was muss ich tun, oder wie soll ich denn sein? Es geht nicht darum, was ich darf und was nicht, sondern es geht darum, wer ich bin. Was bewegt mich?

Die Antwort auf diese so knappe Frage Jesu kann viele Jahre beanspruchen.
Die Antwort, die die Jünger im Johannes Evangelium geben, klingt etwas seltsam, so als seien sie in ihrer Neugier ertappt worden: „Wo wohnst du?

„Und jetzt“, sagt mir der Apostel und Evangelist Johannes, „schau genau hin. Das zweite Wort Jesu im meinem Evangelium ist eine Einladung nicht nur an die fragenden Jünger: Kommt und seht!“
Sie gingen mit ihm und sahen, wo er wohnte. Und dann kommt ein Satz, der mich immer neu fasziniert: „es war um die zehnte Stunde“. Das erinnert mich daran, wie mir Goldhochzeitspaare oft erzählen, dass sie noch genau wissen, wann, wo und wie es gefunkt hat.
Der Evangelist Johannes erinnert sich auch noch nach 50 Jahren: als wir mit diesem Jesus zusammen waren, das war nachmittags um 4 Uhr. Da muss etwas passiert sein zwischen Jesus und den Jüngern, etwas, dass sich so tief in die Seelen eingeprägt hat, dass sie sich noch nach Jahrzehnten an den Zeitpunkt erinnerten.

Und da bin ich bei unserer Gemeinde. Jeder Gemeinde in der Nachfolge Jesu ist aufgetragen, wie der Herr immer wieder die Menschen einzuladen „Kommt und seht!“ Finden sie bei uns das, was Johannes in seinem ersten Brief schriebt: Denn das ist die Botschaft, die ihr von Anfang an gehört habt: Wir sollen einander lieben? – Und vor allem: hinterlässt das Spuren in ihnen?

Das ich schon eine Menge Johannes, das uns beschäftigt. Du hast von zwei Fragen und zwei Aufforderungen gesprochen. Was denn noch?

Und ich hörte, wie er mir sagt: Blättere jetzt ganz ans Ende meines Evangeliums, in das letzte Kapitel. Da liest Du das letzte Wort Jesu in meinem Text, gerichtet an Simon Petrus: Du folge mir nach!
Jetzt wird es ernst! Nicht nur Hören, nicht nur sagen „Herr, Herr!“ sondern auch nachfolgen, hinter ihm hergehen, sich von ihm die Richtung zeigen lassen. Auch dieser Aufforderung geht eine Frage voraus: „Simon, hast Du mich lieb?“ Wörtlich übersetzt: „Bist Du mir Freund?“  (Joh 21,15-22)
Jesus lieben – ganz schön schwer. Aber ihm Freund sein. Das kann ich schon eher.
Das Gegenteil von Liebe ist nicht der Hass, sondern die Gleichgültigkeit. Die Gleichgültigkeit macht, dass der andere uns egal ist, es ist als existiere er nicht. Einander gleichgültig sein – ist auch das Ende jeder Freundschaft.

Hast Du mich lieb? Willst du mir Freund/Freundin sein? , fragt Jesus auch mich. Ich kann jetzt antworten, indem ich das Credo aufsage oder andere fromme Texte. Aber Freundschaft hat etwas mit Leidenschaft zu tun, manchmal auch mit etwas verrückt sein. Auf jeden Fall aber ist der Freund in mir lebendig, prägt er mein Leben und nicht nur die Sonn- und Feiertage. Nur, wenn ich dazu bereit bin, kann ich der Aufforderung nachkommen „Du folge mir nach!

Die Menschen, die 1763 dieser Kirche und der Gemeinde diesen Patron ausgesucht haben, haben sich gewiss etwas dabei gedacht. Vielleicht auch das, was ich meine gehört zu haben. Amen

Ich steh an deiner Krippe – wo ist mein Platz?

Ich steh an Deiner Krippen hier.
Vor gut 800 Jahren hat Franziskus im Wald bei Greccio in Italien die erste Krippe aufgebaut. Die Menschen dort sollten „so greifbar als möglich mit den leiblichen Augen schauen, dass Jesus nicht in den Häusern der Reichen und Mächtigen geboren worden war, sondern in der Armut eines Stalles.
Männer und Frauen trugen Kerzen und Fackeln, so wird berichtet, und im ganzen Wald erschallen freudige Gesänge. Die Menschen spürten: Gottes Sohn ist Mensch geworden in unserer Welt.
Seitdem gehört die Krippe an Weihnachten in unsere Kirchen und seit etwa 200 Jahren auch in viele Wohnhäusern. Allerdings nicht selten ist sie verkommen zu einer Wohnzimmer-Dekoration, die kaum noch eine Botschaft hinterlässt.

Auch die Krippe hier in Dernau steht hier nicht als weihnachtliche Dekoration, sondern als Zeichen, dass die Geburt Jesus auch etwas mit uns hier zu tun.
Jesus wird hineingeboren nicht in irgendeine Phantasiewelt, wo alles in Ordnung ist, sondern in diese Welt, die geplagt ist von Kriegen, Krankheit, Not, Tod.
Hineingeboren in unsere Welt – so wie wir sie erleben.
Hineingeboren in meine Welt. So traurig, so heillos, so zerrissen sie auch ist.
Hineingeboren in meine Welt. So verschieden sie auch ist von Ihrer, von Deiner Welt.

Meine Ängste, meine Sorgen, meine Nöte, meine Trauer, aber auch meine Hoffnungen und Freuden interessieren dieses Kind, interessieren Gott. – das erzählt mir auch die Krippe hier.
Sie steht nicht an einem Ort, sondern an drei Stellen – man muss sich bewegen, wenn man sie erfassen will. Bewegung ist immer gut – auch im Glauben.
Wenn ich mir die Krippe hier so anschaue, dann stelle ich fest: jeder und jede von uns hat seinen/ ihren Platz in dieser Krippe, an einem oder mehreren Stellen.

Schauen wir doch einmal näher hin:

Unsere Augen werden zuerst einmal gefangen von Maria, Josef und dem Kind hier vor dem Altar.
Ein kleines, hilfloses Kind
Angesichts eines Kindes erstirbt der Wettbewerb des Alltags, in dem es einzig um Gewinnen und Verlieren geht.
Angesichts eines Neugeborenen kann und muss ich mich nicht definieren über meine Rolle, meinen Titel, zählt nicht mein Haus, mein Auto, mein Geld, mein Erfolg.
Jedes Neugeborene birgt stattdessen – wie Papst Franziskus sagt – in sich eine zweifache Botschaft: „Hoffnung und Zärtlichkeit„. Nicht nur die Hoffnung, dass Gott diese Welt noch nicht aufgegeben hat, sondern auch die Hoffnung der Eltern, dass das Leben weitergeht und das Kind eine bessere Zukunft hat als die eigene Gegenwart.
Und: gibt es etwas Zärtlicheres als die Begegnung der Mutter und auch des Vaters mit ihrem Neugeborenen?
Manch einer der hier vor der Krippe steht, sagt vielleicht: ich brauche keinen Gott! Ich kann mich selbst heilen, mich selbst an meinem Schopf aus dem Sumpf herausziehen.
Diesen so scheinbar selbstbewussten Existenzen nähert sich Gott anders als sie ihn sich vorgestellt haben, er kommt zerbrechlich und zärtlich in der Gestalt des Kindes und sagt ihnen: „Habt keine Angst vor der Zärtlichkeit Gottes.“ Papst Franziskus sagt: Gott selbst lädt uns ein zur „Revolution der zärtlichen Liebe“(Evangelii Gaudium 88). Diese Einladung gilt uns allen – denn wer von uns sehnt sich nicht nach Zärtlichkeit.

Wir sehen dort drüben die Schafe und die Hirten. Die Hirten lebten am Rand der Gesellschaft. Weil sie sich um ihre Herden kümmern mussten und nicht am Gottesdienst in der Synagoge teilnehmen konnten, passten sie nicht in das Bild einer anständigen Gesellschaft. Mit ihnen wollten niemand etwas zu tun haben. Ausgerechnet diese Menschen erfahren als Erste die Weihnachtsbotschaft: Euch ist in der Stadt Davids der Heiland geboren.
In jeder Gemeinschaft leben Menschen am Rand. Vielleicht auch bei Ihnen hier im Ort. Vielleicht sind Sie selbst so jemand, der kein Ansehen hat, um den man einen Bogen macht, der nie eingeladen wird. Dann sagt Ihnen dieser Teil Krippe, wie wichtig Sie sind. So wichtig wie die Hirten auf Bethlehems Feldern.

Und dann sind da noch die drei Weisen aus dem Morgenland, die einem Stern gefolgt sind. Wie kommt man denn dazu einem Stern zu folgen? Wahrscheinlich dann, wenn man eine tiefe Sehnsucht, einen großes Traum in sich trägt.

Es gibt gewiss viele oder einige hier, die auch eine Sehnsucht in sich tragen: die Sehnsucht nach einem Menschen, die Sehnsucht nach einer Arbeitsstelle, die Sehnsucht nach einem Zuhause, die Sehnsucht nach Anerkennung, nach Gesundheit, nach Glück.
Da – schauen Sie – da sind auch Sie unterwegs zur Krippe.

Die drei Weisen bringen nicht nur Gold, Weihrauch und Myrrhe mit. In ihrem Gepäck haben sie auch ihre Sehnsucht. Und auch Sie dürfen hier Sehnsucht mit zur Krippe bringen.

Es gibt noch ein viertes Krippenbild: unten in der Kirche steht eine  Schubkarre. Nach der Flut lag das Jesuskind dort im Schlamm. Heute liegt es zwischen Zement und Steinen. Zeichen, dass es vorwärts geht mit dem Wiederaufbau. – Vielleicht ist das auch das Wichtigste für Sie an diesem Weihnachten. Dann ist das Ihr Platz.

Gewiss entdecken Sie hier oder an der Krippe zuhause noch andere Figuren. Sie laden ein, darüber nachzudenken, was sie zu bedeuten haben.

Die Krippe wird irgendwann abgebaut werden – hier in der Kirche und bei Ihnen zuhause. Dann liegt es an uns, ob Weihnachten nur ein Datum im Kalender ist, oder ein Ereignis unseres Lebens.

Wir feiern das Fest seit fast 2000 Jahren Weihnachten und immer noch müssen wir beklagen, dass wir unsere Welt nicht hinkriegen, den Frieden nicht schaffen, den Hunger und die Armut nicht vernichten können.

Und trotzdem:
jedes Jahr an Weihnachten ist das Kind in der Krippe die Botschaft, dass Gott noch nicht am Menschengeschlecht, an uns, an jedem und jeder Einzelnen verzweifelt hat!
Ich steh an Deiner Krippen hier. Wo ist mein Platz?
Wenn wir unseren Platz an der Krippe gefunden haben, dann können wir von dort aufbrechen in den Alltag des Jahres – wie sagt es Papst Franziskus: „als Revolutionäre der Zärtlichkeit und Liebe“.

Wo ist das Licht, Jesaja?

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Weihnachtspredigt Christmette 24.12.2024 in Hönningen/Ahr
Als am vergangenen Freitag ein Amokfahrer auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg eine blutige Spur mit Toten und Verletzten hinter sich her zog, begann für viele Menschen in der Stadt eine Nacht, tiefe Dunkelheit, Sorgen um die Verletzten und Todesangst. Auch die Zeugen dieses Ereignisses erlebten und werden noch erleben, dass es in ihren Seelen dunkel bleibt. Zu traumatisch sind die Erinnerungen.
Wir kennen ähnliche Stunden auch; obwohl um uns herum helles Licht leuchtet, gibt es Trauer und Leid, die unsere Seele dunkel lassen. Oder wenn wir ratlos sind, wenn wir nichts mehr verstehen, nichts mehr auf die Reihe kriegen. Die Nacht der Zweifel, die Nacht der 1000 Fragen, auf die man keine Antwort kriegt.

In diese Nacht, die anscheinend nie zu Ende ist und an manchen Tagen noch dunkler empfunden wird, in diese Nacht hinein verkündet der Prophet Jesaja „Das Volk, das im Dunkel lebt, sah ein helles Licht; über denen, die im Land der Finsternis wohnten, strahlte ein Licht auf“!

Ich möchte ihn fragen: Jesaja wo bleibt das Licht?
Wo bleibt das Licht für die Menschen, die jetzt statt unter dem Weihnachtsbaum zu sitzen im Krankenhaus liegen oder an den Betten der Kranken sitzen?
Wo bleibt das Licht in diesen Tagen mit Kriegen an vielen Orten der Erde.
Wo bleibt das Licht in der Nacht meiner Einsamkeit nachdem ein lieber Mensch gestorben ist oder der Partner mich verlassen hat?

Jesaja, wo bleibt das Licht in der Dunkelheit des Lebens der Armen, Alten und Behinderten.Es gibt so viel Streit und Unfrieden, Angst, Unsicherheit, Finsternis?
Wo ist das Licht, Jesaja?

Für Jesaja ist das Licht ein Kind, das geboren wird – zu seiner Zeit wohl das Kind des Herrschers, das eine neue Zeit verheißt.
Uns wird ein anderes Zeichen geben: „Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt“, sagt der Engel den Hirten.

Ein Kind in Windeln!? Und das soll Gottes Sohn sein?? – nein, wir brauchen einen Gott, der dreinschlägt. Einen Gott, der aufräumt. Einen Gott, der endlich die Nächte in den Seelen der Welt beendet. Wir wüssten schon, was richtig wäre.

Aber er ist kein Gott nach unserem Bild, nach unserer Vorstellung. Er kommt nicht mit Macht, Glanz, Herrlichkeit – so wie die Welt es sich vorstellt. Er kommt nicht um neuen Schrecken, neue Angst zu verbreiten. „Er ist gekommen wie das Kleinste der Wesen, das Zerbrechlichste, das Schwächste.“ (Paul VI.) Gott macht sich klein – das stellt alles auf den Kopf, was Menschen normalerweise mit Gott in Verbindung bringen. Das kann keiner begreifen!

Deshalb sind wir auf Zeichen angewiesen, die uns helfen zu erahnen, zu verstehen. Das Licht ist ein solches Zeichen.

Auch das Licht ist ein Geschenk. Wir können zwar mit technischen Mittel die Nacht zum Tage machen. Aber Licht können wir aus eigener Kraft nicht machen! Ebenso wenig wie wir selbst eine heile Welt bauen oder einen neuen und vollkommenen Menschen züchten können.
Das Licht ist ein Geschenk. Wenn Gott es in uns anzündet, dann können wir es weitergeben, andere wärmen und ihren Weg erhellen

Das gehört durchaus auch zu unserer Erfahrung: es gibt nicht nur Dunkelheiten. Es gibt auch Augenblicke des Lichts: bereichernde Begegnungen, Momente der Nähe und Zuwendung, Versöhnung, Erbarmen, Heilung, Freundschaft, Liebe. Es gibt Stunden von Solidarität, Mitgefühl, Hilfe.

Die Liste ließe sich lange fortsetzen. Manchmal war es vielleicht nur ein kleines Licht, aber es war gerade hell genug, dass ich neuen Mut fassen konnte und es Schritt für Schritt weiterging.

Was hindert uns daran, diese Lichter in den Dunkelheiten unseres Lebens zu deuten als Zeichen von Gottes Liebe.
Denn das ist die Botschaft von Weihnachten: Gott möchte uns nicht im Dunkeln sitzenlassen. Der Evangelist Johannes sagt von dem Kind in der Krippe: „Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt.“

Gott möchte uns nicht im Dunkeln sitzen lassen – wahrlich ein Grund, heute ein Fest zu feiern, ein Fest des Glaubens – aber nicht nur für uns, sondern auch für andere.
Und: indem wir Ernst machen mit dem Wort aus dem Epheserbrief: „Lebt als Kinder des Lichts! Das Licht bringt lauter Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit hervor.

Das ist die Weise, wie wir das Dunkel in unserer kleinen Welt besiegen können in der Hoffnung, dass es ausstrahlt auf die große Welt: durch Güte, Gutsein, durch Gerechtigkeit, Gerecht sein und durch Wahrheit, wahr sein!