„Ein Vater ist gestorben“, so überschrieb ich am 6.August 1978 einen Beitrag zum Tod Papst Paul VI. im Pfarrbrief-Materialdienst „ttt“. Mehr als die anderen Päpste vor ihm und nach ihm, die ich erlebte, war er für mich wie ein geistlicher Vater.
Dieser Sonntag ruft in mir viele Erinnerungen wach.
Er war der Papst meiner Jugendzeit, meiner Studienzeit und meiner ersten Priesterjahre. Als ich ihm zum ersten Mal in einer Generalaudienz begegnete, war ich ergriffen von seiner Demut und Einfachheit, mit der er sein Amt ausübte (manches an Franziskus erinnert mich an ihn).
Er liebte die Zeichen: unvergessen die Umarmung mit dem Patriarchen Athenagoras, das Ablegen der Tiara und sein Sterbetag, das Fest der Verklärung.
Ich habe es selbst erlebt: als Im Heiligen Jahr 1975 die Pilger nach Rom strömten, unterzog er sich selbst der Mühe, drei Generalaudienzen für verschiedene Sprachgruppen zu halten, damit die Pilger nicht zu lange warten mussten und ihre Strapazen geringer wurden.
Man weiß von ihm, dass er unter jeder Laisierung der Priester und Ordensleute litt und trotzdem ließ er keinen lange warten, der ihn darum bat – im Gegensatz zu späteren Pontifikaten. Er selber schrieb: „Vielleicht hat der Herr mich in diesen Dienst gerufen und hält mich darin, nicht etwa weil ich eine Begabung dafür hätte oder damit ich die Kirche regiere und vor ihren gegenwärtigen Schwierigkeiten rette, sondern damit ich etwas für die Kirche leide und es deutlich wird, dass Er und kein anderer sie leitet und sie rettet“. (P. Macchi, Paolo VI nella sua parola, Brescia 2001, S. 120-121)
In Deutschland verspottete man ihn als „Pillen-Paul“, weil seine Kritiker die Enzyklika „Humanae vitae“ allein auf die Frage „Pille ja oder nein“ reduzierten.
Vor allem aber war er der Papst, der das Konzil seines Vorgängers weiterführte. Das neue Messbuch trägt seine Unterschrift, der neue Ritus seinen Namen. „Entwicklung ist der neue Name für Frieden“, das Wort stammt von ihm und markiert eine damals notwendige Wende in der Entwicklungspolitik der westlichen Staaten.
Er war der Papst, der zum Dialog der Kirche mit der Welt aufrief: „Die Kirche muss zu einem Dialog mit der Welt kommen, in der sie nun einmal lebt. Die Kirche macht sich selbst zum Wort, zur Botschaft, zum Dialog.“ (Ecclesiam suam 65) Er wollte, dass die Kirche die Zeichen der Zeit erkenne und entsprechend handle.
Papst Franziskus hat heute bei der Seligsprechung auf dem Petersplatz gesagt: „Danke! Danke, unser lieber und geliebter Papst Paul VI.! Danke für dein demütiges und prophetisches Zeugnis der Liebe zu Christus und seiner Kirche!“
Dem kann ich mein persönliches kleines Danke nur anschließen. Er war für mich der größte Papst des 20.Jahrhunderts. Gott sei Dank für dieses Geschenk!
(c) Foto von der Facebook-Seite Radio Vatikan English