Festpredigt am Fest der Hl. Adelheid von Vilich in St.Peter Vilich am 8.2.2025
Spruch des HERRN. Darum will ich selbst sie verlocken. Ich werde sie in die Wüste gehen lassen und ihr zu Herzen reden. Dort wird sie mir antworten wie in den Tagen ihrer Jugend, wie am Tag, als sie aus dem Land Ägypten heraufzog. Ich verlobe dich mir auf ewig; ich verlobe dich mir um den Brautpreis von Gerechtigkeit und Recht, / von Liebe und Erbarmen, ich verlobe dich mir um den Brautpreis der Treue: Dann wirst du den HERRN erkennen. (Altes Testament Buch Hosea 2,16.17b,21-23)
„Spruch des HERRN. Darum will ich selbst sie verlocken. / Ich werde sie in die Wüste gehen lassen / und ihr zu Herzen reden.“ Das klingt ja nicht nach einem frommen Bibeltext, eher nach einer Zeile aus einem Liebesroman etwa von Rosamunde Pilcher
Und doch, es ist ein Bibeltext aus dem Mund des Propheten Hosea, der im achten Jahrhundert vor Christus wirkte. Damals hatten sich große Teile des Volkes von Jahwe abgewandt, dem Gott Abrahams Isaaks und Jakobs, der sie aus Ägypten heraus geführt hatte. Stattdessen huldigten sie jetzt dem Gott Baal. Man kann sagen, die Menschen hatten ihren Gott vergessen.
Der Prophet Hosea fasst das Verhalten des Volkes in ein Bild: das Volk ist wie eine Frau, die dem Mann untreu geworden ist. Das mag heute für viele Frauen ein irritierendes Bild sein, aber es passt zur damaligen patriarchalen Zeit. Umso überraschender: Statt ein vernichtendes Urteil zu sprechen und Israel zu bestrafen, will Gott sein Volk wieder umwerben und zu ihm zurückholen.
Deshalb will er sie, das Volk, verlocken, sie in die Einsamkeit der Wüste führen, nur er und sie, will ihr zu Herzen reden, will sie erinnern an den Anfang ihrer Liebe, an die große Befreiung aus der Knechtschaft Ägyptens. Wir erleben einen Gott, der wie ein junger Liebhaber Israel zu einem neuen, zu einem erneuerten und innigen Liebesverhältnis führen will.
Er will sich neu verloben und nennt auch den Brautpreis, den er zahlen will: Gerechtigkeit und Recht, / Liebe und Erbarmen.
Gerechtigkeit und Recht, / Liebe und Erbarmen – das sind Schlüsselworte des Alten Testaments. Sie beschreiben die Voraussetzungen eines guten Miteinanders und des Wohlergehens.
Gerechtigkeit und Recht – hat zwei Dimensionen. Die eine geht himmelwärts, d.h. ich orientiere mich an Gottes Geboten – und die andere Dimension geht menschenwärts, d.h. gleichzeitig trage ich Sorge für eine Gesellschaft, in der jeder Einzelne fair behandelt wird. Es gilt, Armut zu bekämpfen, Notleidenden zu helfen, Teilhabe zu ermöglichen, gegen Willkürherrscher aufzustehen und für die Wahrung der Menschenwürde einzutreten.
Eine Gemeinschaft, die sich gerecht verhält, kommt Gott näher: „Gerechtigkeit erhöht ein Volk„, lesen wir im Buch der Sprüche im Alten Testament. (Spr 14,34) Der Einsatz für Gerechtigkeit ist wichtiger als ein folgenloses frommes Leben zu führen: Gerechtigkeit üben und Recht ist dem HERRN lieber als Schlachtopfer. (Spr 21,3) Die Propheten machen das immer wieder deutlich.
Liebe und Erbarmen – das andere Schlüsselwort, spricht zuerst von der Liebe Gottes zu seinem Volk, die sich zeigt im Schutz, den er gewährt, in der Fürsorge und im Segen, der das Volk begleitet. Das hebräische Wort für Erbarmen (רחמים -rachamim) ist der Plural von Mutterschoß und beschreibt Gottes mitfühlende und barmherzige Haltung gegenüber Menschen. So geht Gott mit dem Menschen um.
William Shakespeare lässt in seinem „Kaufmann von Venedig“ die umworbene Portia von der Barmherzigkeit sagen: „Sie ist ein Attribut der Gottheit selbst.“ und „Sie segnet den, der gibt, und den der nimmt.“(4.Aufzug/1.Szene) Wie recht sie hat.
Gott erwartet, dass sich sein Wesen im Wesen und Handeln der Glaubenden, im Wesen und Handeln seines Volkes widerspiegelt.
Die Heilige Adelheid war eine Frau, die vor über 1000 Jahren, genau das praktizierte, was uns die Lesung als Brautpreis für Gottes Zuwendung beschrieb: Recht und Gerechtigkeit, Liebe und Erbarmen. Sie lebte nicht ein frommes Leben hinter Klostermauern, sondern sorgte sich um Teilhabe besonders der Frauen an der Bildung, kümmerte sich um Arme und Notleidende, errichtete ein Hospital, und war wohl Ratgeberin des Kölner Erzbischofs.
Heute könnte uns die Heilige Adelheid ein Vorbild darin sein, ähnlich wie sie Recht und Gerechtigkeit, Liebe und Erbarmen zu leben.
Vorgestern ist der sogenannte „Wahl-o-Mat“ im Netz erschienen. Da kann man seine eigenen politischen Überzeugungen und Vorstellungen mit den Äußerungen in den Wahlprogrammen der Parteien vergleichen und so Hilfe für die Wahlentscheidung erhalten. Ich hätte da noch eine Ergänzung vorzuschlagen: als Christen könnten wir prüfen, inwieweit sich Recht und Gerechtigkeit, Liebe und Erbarmen in den Programmen der Parteien widerspiegeln.