Auf Ikonen und mittelalterlichen Weihnachtsdarstellungen wird er oft am Rand dargestellt, zusammengekauert, schlafend, ohne Einfluß auf das Geschehen: Josef, dessen Fest wir heute feiern.
Von ihm ist kein Wort im Neuen Testament überliefert und außer in der Kindheitsgeschichte findet sein Name kaum eine Erwähnung. Er scheint wirklich eine Randfigur zu sein.
Doch die Existenz Jesu ist ohne ihn nicht denkbar: er nimmt die Frau mit dem „unehelichen“ Kind als Ehefrau an und bewahrt sie so vor der Steinigung.
Er gibt dem Kind juristisch die Vaterschaft und stellt es so hinein in die große Tradition seines Volkes.
Er flüchtet mit Frau und Kind nach Ägypten, und Jesu entgeht so der herodianischen Verfolgung.
Dies alles immer auf die Weisung Gottes hin. Josef ist der lebendige Beweis, daß Träume keine Schäume sind, sondern daß in ihnen Gott selbst zu uns sprechen kann.
Er ist der Mann, der hört und geht, der aufbricht ohne lange zu zögern, der handelt ohne Wenn und Aber, der so die Heilsgeschichte voran bringt.
Vielleicht hat ihm deshalb die christliche Frömmigkeit einen bedeutenderen Platz eingeräumt als die Theologen. Wir spüren in uns das Verlangen, wir er handeln zu können: ohne die vielen faulen Kompromisse, die wir oft machen. Wir wünschen uns die Klarheit des Weges, die Sicherheit des nächsten Schritts, die ihm eigen war.
Ihm gebührt ein Platz in der Mitte und nicht am Rand. Aber: es ist heute wie damals: die, die im Licht stehen, bedürfen derer, die in ihrem Schatten leben.
Wir können es im Alltag unseres Lebens durchbuchstabieren: was wäre der beste Chef ohne seine umsichtige Sekretärin, was wäre die beste Schauspielerin ohne ihren Agenten, was wäre der beste Koch ohne seine Küchenhilfen, was wäre der beste Herzchirurg ohne die OP-Schwester, was wäre die beste Politikerin ohne die vielen, die ihr zuarbeiten, was wäre unsere Gesellschaft ohne die vielen Namenlosen, die niemals Schlagzeilen machen, die nie im Rampenlicht stehen, ohne die aber nichts richtig vorankommen würde.
Josef scheint der Patron all dieser Randfiguren zu sein. Er rückt sie alle ins rechte Licht. So wird sein Festtag zu einem Dank für alle, die uns das Leben ermöglichen und die so selten unsere Beachtung finden.