Keine Wellness für das Weizenkorn

Gründonnerstag in Lind

Mühle – falco/pixabay

Wellness“ ist ein modernes Wort, obwohl es schon vor über 300 Jahren entstanden. Heute versteht man darunter vor allem Methoden und Anwendungen, die das körperliche, geistige und seelische Wohlbefinden steigern.

Stellen wir uns einmal vor: da ist ein Weizenkorn, das beim Aufsammeln in der Scheune übriggeblieben ist. Es hat nicht die Reise in die Mühle angetreten, wo es zu Mehl gemahlen werden sollte. Stattdessen liegt es in der Scheune, von der Sonne beschienen; ja so lässt es sich aushalten. „Wellness für das Weizenkorn“.

Aber es bleibt allein; mehr noch, es muss erfahren, ich bin zu nichts nütze. Ein Weizenkorn, das nicht gemahlen wird, dient zu nichts.

Man muss kein ein gläubiger Mensch sein, um zu erkennen, „leben nur für sich selbst“, hat keinen Sinn. So lehren Judentum und Christentum die Nächstenliebe, der Islam die Brüderlichkeit und auch die franz. Revolution und der Humanismus haben sich die Brüderlichkeit und Solidarität auf die Fahnen geschrieben.

Heute abend geht es auch um Weizenkörner und um Trauben – allerdings um Weizenkörner, die gemahlen wurden, damit aus dem Mehl Brot wird und Trauben, die zerrieben wurden, damit daraus Wein wird. Es geht um die eucharistischen Gaben, Brot und Wein. Sie sind uns Sakrament, Zeichen für Jesu Sterben und für sein Leben.

Jesus geht seinen Weg der Hinwendung zum Menschen bis zum Ende und zerbricht, wie die Körner, die gemahlen wurden, und die Trauben, die gekeltert wurden.

Es gibt keine besseren Zeichen für die Existenz Jesu als Brot und Wein. „Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut“ sagt der Herr. Es bleibt wie schon seit Noachs Zeiten: Gott bindet sich die Menschen, Gott bindet sich an uns und diese Bindung zerbricht nicht im Tod, sie hält den Tod aus. Ja, bis zum Letzten, bis aufs Blut hält er den Bund mit uns durch.

Auch unser Leben kennt Zerbrochenes. Auch unser Leben weiß, was es heißt, zwischen die Mühlsteine zu geraten, getreten, zertreten zu werden.
Jesus lässt sich darauf ein.

Unsere Zerbrechlichkeit macht er sich zu eigen. Er geht mit uns in die Nacht des Todes, die sich in so vielen Nächten des Lebens widerspiegelt.

Wegzehrung“ – nennt man die Eucharistie, die dem Sterbenden gereicht wird. Weil es auch für unseren Tod gilt: Gott bindet sich an uns und diese Bindung zerbricht nicht im Tod, sie hält den Tod aus! Den treuen Gott kann nichts von unserer Seite vertreiben. Christus bleibt der Weggefährte, indem er sich selbst uns zur Speise gibt.

„Wegzehrung“ ist die Eucharistie für jeden Angefochtenen, für jeden, der zermahlen, getreten, zertreten wird. Für jeden, dessen Schicksal dem „Schicksal“ von Brot und Wein gleicht.

Dies ist hier kein Mahl der Seligen, sondern ein Mahl der Zerbrochenen – auch dann, wenn sie nicht alle leibhaft anwesend sind. Aber sie stehen mit uns um den Altar:
die Kranken in den Krankenhäusern und bei uns zuhause;
die Menschen, deren Lebensträume zerplatzt sind wie eine Seifenblase, die vor den Scherben ihres Lebens stehen;
die Mutlosen, Resignierten, Hoffnungslosen
und so viele andere, die das Schicksal des Zerbrochen-Seins am eigenen Leib erfahren haben und erfahren.

Empfangt, was ihr seid: Leib Christi; Denn ihr werdet, was ihr empfangt: Leib Christi“ sagt der Heilige Augustinus. So werden die Zerbrochenen dieser Welt zum Leib Christi. Die Wandlung geht nicht an uns vorbei. Sie erfasst uns.

In dieser Versammlung gibt es deshalb nichts Privates mehr! Wenn wir Leib Christi sind, dann nie für uns allein nach dem Motto „Mein Jesus, mein Gott, mein Himmel“; sondern dann sind wir wie der Leib Christi immer nur für andere – so wie Jesus Existenz ein Leben für andere war.

 

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