Innerhalb von 48 Stunden informiert mich zum zweiten Mal ein Freund, dass er aus der Kirche ausgetreten ist. Es sind nicht die ersten, die ich näher kenne und die gegangen sind. Es erschüttert mich trotzdem immer noch; jedes Mal – besonders weil ich kein Argument dagegen habe.
Die beiden sind erschüttert, sie sind verletzt, sie haben resigniert, haben keine Perspektive für die Zukunft mehr, sehen für ihre Kinder keine Heimat mehr in dieser Kirche.
Sie haben es sich nicht leicht gemacht. Ihre ganze Biografie ist plötzlich gegenwärtig. Sie haben gezögert, sie haben gefragt und keine Antwort bekommen, sie haben mit sich gerungen, es immer wieder versucht – bis sie nicht mehr anders konnten.
Ich sitze dabei, höre zu und schweige – wie in einem Kondolenzgespräch nach einem tragischen Todesfall, wenn alle Worte nur leere Worte sind.
Ich sitze dabei, höre zu und schweige – wie in einem Kondolenzgespräch nach einem tragischen Todesfall, wenn alle Worte nur leere Worte sind.
Wenn mich jemand fragt, wie ich mich fühle? Ich bin sprachlos, ich bin wütend, ich bin deprimiert und aufgebracht. Der Kaplan, der einen Austritt kommentierte „es geht Ihnen ja nur ums Geld“ hat nichts verstanden, sieht nicht die überall einstürzenden Mauern, sitzt in seiner Blase, hat vergessen, dass er jemandem folgt, der als Hirt dem verlorenen Schaf nachging. Wobei das Wort vom „verlorenen Schaf“ jetzt keine falschen Assoziationen hervorrufen soll.
Mich tröstet ein Wort von Christiane Florin: „Man kriegt das Mädchen aus der Kirche; aber die Kirche nicht aus dem Mädchen“. Wann sind es genug Kirchenaustritte? Wann wachen die Hierarchen endlich auf aus ihrer Gleichgültigkeit?
Ich gestehe: ich habe Angst vor Pfingsten! ich fürchte, ich werde sprachlos sein.
Image by Oliver Fuß/Pixabay