Bilanz einer Reise, die Mut gemacht hat!

(c) Reinhard Sentis

Am letzten Wochenende bin ich aus Israel zurückgekommen.  Die Reise war ganz anders als meine vorangegangenen Reisen, die ich entweder privat oder als Pilgerreise mit anderen Pilgern unternommen hatte.
Diesmal war ich mit Fußballern unterwegs, besser gesagt mit Menschen aus dem Management des Bonner SC. Sie engagieren sich in unserem Projekt „Bonn hilft Bethlehem“ und wollten sich einmal vor Ort ansehen, was ihre Hilfe konkret bedeutet.

Drei Dinge sind mir besonders im Gedächtnis geblieben:
Das Erste ist ein Satz, den eine 21jährige palästinensische Studentin in Bethlehem sagte. Sie hilft dort ehrenamtlich im Jugendclub der Salesianer an der Technical School, die wir seit 5 Jahren unterstützen. Wir haben sie nach ihren Träume gefragt und sie antwortete uns: wir dürfen nicht darauf warten, dass die Lösungen, besonders der Frieden von außen kommt. Er muss in uns heranwachsen. Wir müssen ihn leben. Damit hatte sie ausgesprochen, was der Apostel Paulus im Kolosserbrief schreibt: Der Friede Christi wohne in Euren Herzen (Kol 3,15) – Und gleichzeitig gab sie all denjenigen einen Korb, die meinen, die anderen, die da oben, nur nicht man selbst trage die Verantwortung dafür, dass sich etwas ändere. Dass gilt für die große Politik genauso wie für das Leben in der Kirche als auch für die ganz persönlichen Verhältnisse.

Das zweite ist ein Wort von Father Vincent, dem geistlichen Leiter des Jugendclubs in Bethlehem. Er gibt den Kindern und Jugendlichen durch seine Arbeit eine zweite Familie, in der sie das Miteinander, den Respekt voreinander und Fair play lernen. Ihn haben wir nach seinen Wünschen gefragt. Er muss die Arbeit durch Spenden finanzieren und braucht jedes Jahr 10.000 €. Das sind pro Jugendlicher, der in den Club kommt, 35 Euro.
Sein größter Wunsch ist ein Kunstrasenplatz für die sportlichen Aktivitäten, die bisher auf dem asphaltierten Schulhof stattfinden. Da ist wahrscheinlich eine sechsstellige Summe notwendig. Als er merkte, wie wir angesichts des Betrags alle die Luft anhielten, meinte er nur: Wir können von dem Großen träumen; aber wir ändern etwas, wenn wir kleine Schritte gehen. Tun Sie die Schritte, die Ihnen möglich sind. Man konnte förmlich spüren, wie die Last der übergroßen Erwartung von unseren Schultern fiel und gleichzeitig dieses Wort uns alle beflügelte, die nächste Schritte zu tun. Es gibt ein afrikanisches Sprichwort: „Viele kleine Leute an vielen kleinen Orten, die viele kleine Schritte gehen, können das Gesicht der Welt verändern.

Und ein drittes Erlebnis. In der kleinen Gruppe von 12 Personen gab es Katholiken, Protestanten und auch Nichtgetaufte. Es gab welche, die kannten die biblischen Geschichten, die an einzelnen Orten lokalisiert werden, und anderen mussten sie erschlossen werden.
Ein Beispiel: Wir waren in der Wüste, standen in den Ruinen Nabatäerstadt Mamshit und beobachteten einen Hirten, der etwas entfernt am Hang seine Herde vorantrieb. Plötzlich stellte einer von uns fest: „Schaut mal, der kümmert sich um jedes einzelne Schaf, wenn eines zurückbleibt, geht er zurück und holt es.“ Für mich war es die Gelegenheit Lukas 15 zu zitieren: Welcher Mensch ist unter euch, der hundert Schafe hat und, wenn er eines von ihnen verliert, nicht die neunundneunzig in der Wüste lässt und geht dem verlorenen nach, bis er’s findet? Und wenn er’s gefunden hat, so legt er sich’s auf die Schultern voller Freude. Ich sage euch: So wird auch Freude im Himmel sein über einen Sünder, der Buße tut, mehr als über neunundneunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen. Das war eine Kurzkatechese, zu der mich die Beobachtung eines Teilnehmers herausgefordert hatte. Für mich deshalb so nachhaltig, weil kirchliches Handeln normalerweise verläuft. Da lernen wir nicht von anderen, sondern meinen, sie müssten von uns etwas lernen.

Die Begegnungen auf dieser Reise, von denen ich bruchstückhaft erzählt habe,  machen mir Mut:

  • Ich selbst bin mitverantwortlich, dass sich etwas verändert;
  • Ich muss den nächsten kleinen Schritt tun und nicht auf den großen Sprung warten;
  • Und ich kann von den Menschen, mit denen ich unterwegs bin im Leben, etwas lernen.

 

Auf geht’s: von Bethlehem nach Jerusalem

In alten Kirchen sieht man oft auf dem Triumphbogen rechts und links die Darstellungen zweier Städte: Bethlehem und Jerusalem. Zwischen beiden spannt sich der Bogen. Zwischen beiden liegt eine eigentümliche Spannung.
Bethlehem – wer denkt da nicht an die Weihnachtsgeschichte, an das Kind im Stall, an die Chöre der Engel, die Hirten, die Anbetung durch die Weisen aus dem Morgenland? Der Name der Stadt steht für Geborgenheit und Wärme, Liebe und Freude, für die Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes.
Jerusalem – andere Bilder drängen sich auf: die: Auseinandersetzungen Jesu mit den Pharisäern und dem Hohen Rat, die Vertreibung der Geschäftemacher aus dem Tempel, der Prozess Jesu, sein Leidensweg, sein Tod am Kreuz. Hektik und Lärm, Gesetze und Norm, Rücksichtslosigkeit und Profitgier, Leid, Schmerz und Tod.
Bethlehem wird zum Synonym für das Fest, die Feier im menschlichen Leben, während Jerusalem mehr den Alltag mit seinen Eigengesetzlichkeiten repräsentiert.

Heute beginnt wieder der Weg von Bethlehem nach Jerusalem. Und dabei begleitet uns das Fest der Taufe des Herrn wie ein Proviantpaket für den Weg. Die Zusage, die Gott jedem und jeder von uns in der Taufe gegeben hat: „Ich bin Gottes geliebter Sohn, Gottes geliebte Tochter“ und der Auftrag, der dieser Erwählung entspricht, ist der Proviant in unserem Lebensrucksack !

Jesus, der „Immanuel“, der Gott-mit-uns, geht mit uns den alltäglichen Weg nach Jerusalem. Er kennt die Strecke gut, denn er ist diesen Weg schon einmal vor uns gegangen.

siehe auch: „Katholische für Fortgeschrittene“

 

Israel I: Spinksen und staunen

„Spinksen“ – sagt man im Rheinland, wenn man schon einen Blick auf etwas tun kann, das eigentlich noch verborgen ist. In der Geburtskirche in Bethlehem konnten wir gestern zwischen Gerüsten und Planen hindurch auf die frisch restaurierten Mosaike aus der Kreuzfahrerzeit schauen und waren fasziniert von ihrer Schönheit.
Besonders sind wohl die Engel, die in einer langen Prozession auf den Seitenwänden in strahlendem Gold, Silber und sattem Grün Richtung Geburtsgrotte schreiten: „Normalerweise sind die Engel komplett von Gold umgeben, weil sie nicht von der irdischen Welt sind, hier aber haben alle Engel ihre Füße auf dem Boden, denn das ist der Ort, an dem Gottes Sohn auf die Welt hinabgestiegen ist,“ erläutert der italienische Restaurator Girolomo Nukatolo. Hier in Bethlehem haben sich eben Himmel und Erde berührt.
Wenn die Arbeiten in einigen Jahren fertig sind, wird man auch die anderen Details erkennen: die Stammbäume Jesu nach Matthäus 1:1-17 und in Lukas 3:23-38, die den Besucher auf beiden Seiten ebenso vorbereiten auf den Besuch der Geburtsgrotte.
Darüber die Darstellung der Konzilien im ersten Jahrtausend.
Übrigens: die Kaiserin Helena, die im Bonner Münster besonders verehrt wird, hat die erste Kirche an diesem Ort errichtet, und die Mosaiken entstanden in der Zeit, in der unser Münster seine heutige Gestalt erhielt.