„Da ist der Nimbus futsch“, dieses Bonmot aus dem Mund des unvergessenen Kardinal Frings kam mir in den Sinn als ich heute die inzwischen bestätigte Facebook-Notiz las, Papst Franziskus habe sich mit einem Augenzwinkern für sein Fehlen bei der Sitzung der argentinischen Bischofskonferenz entschuldigt „wegen kürzlich übernommener Verpflichtungen“.
Franziskus überrascht zur Zeit die Welt, die Kirche und wahrscheinlich seine Umgebung am meisten. Er lässt den Nimbus erst gar nicht zu. Alle, die in der Vergangenheit die Gloriole „Seiner Heiligkeit“ fleissig geputzt haben, sind nun arbeitslos. Wir erleben einen Bischof von Rom (so nennt er sich selbst), der mit großer Liebe und Herzlichkeit auf die Menschen zugeht und zugleich klare Positionen bezieht.
Es geht dem Jesuiten auf dem Stuhl Petri um das Wesentliche, nicht um die Äußerlichkeiten. Der Mensch, der diesen verantwortungsvollen Dienst ausübt, bleibt sichtbar – wie in der Absage an seine Bischofskollegen.
In den Predigten der morgendlichen Messe im Gästehaus Santa Martha sagt er sehr einfache, aber sehr geistliche Worte, die mich nahezu jeden Tag aufhorchen lassen. Letzte Tage plädierte er dafür, dem Konzil nicht ein Denkmal zu setzen, das uns doch nicht berühre, sondern sich vom Geist des Konzils vorantreiben zu lassen.
Gestern wandte er sich gegen die Ideologen in der Kirche, die nur über das Müssen sprechen. Sie würden alles auf die Schultern der Gläubigen laden und das Evangelium verfälschen. Franziskus nennt sie „Intellektuelle ohne Talent, Ethiker ohne Güte“ und fügt hinzu: „Und von Schönheit sprechen wir gar nicht, denn davon verstehen sie nichts.“
Heute morgen hat er uns dazu aufgerufen, uns nicht eine Kirche nach menschlichem Maß bauen zu wollen. Es gehe nicht um den gesunden Menschenverstand, sondern um die Weisung Jesu. Wie bei Petrus heißt die Frage auch für uns: „Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens.“Papst Franziskus betete zusammen mit den Vatikanangestellten, die an der Messe teilnahmen, „für die Kirche, damit sie weiter wächst und gestärkt wird“: „Der Herr befreie uns von der Versuchung des gesunden Menschenverstands. Dass wir nicht gegen Jesus murren, weil er uns zu anspruchsvoll vorkommt, und dass wir nicht in Versuchung geraten, Anstoß an ihm zu nehmen!“
Für solche Worte, die zu Herzen gehen, braucht man keinen Nimbus. Er stört eher!