Predigt am Gründonnerstag St.Charles Jerusalem
In den westlichen Gesellschaften gibt es ein neues Wort, das notwendige Prozesse beschreibt: „transformation“. Das bedeutet es wird etwas umgewandelt, umgestaltet, verändert.
Man spricht von der digitalen Transformation und meint damit die Veränderungen des Berufslebens, der Gesellschaft durch die immer größere Verbreitung und Nutzung von elektronischen Systemen.
Man spricht von Klimatransformation und meint damit die Bewältigung der Herausforderungen des Klimawandels, zum Beispiel die Umstellung auf erneuerbare Energien, die Veränderungen in der Mobilität der Menschen und alle Auswirkungen auf das Leben der Gesellschaft.
Transformation – das erleben Sie auch in Ihrer Gemeinschaft, hier im Haus, in der Kongregation, in der ganzen Kirche. Neue Situationen werden zu Herausforderungen. Es kann alles nicht so bleiben wie es war und ist, Veränderungen sind notwendig. Das bedeutet Abschiednehmen, tut manchmal weh und ist unangenehm. Aber ohne Transformation wird uns die Zukunft nicht gelingen.
Warum erzähle ich Ihnen das?
Weil ich der Meinung bin, dass der Gründonnerstag auch ein Tag der Transformation ist. Wir sind es gewohnt, diesen Tag unter dem Eindruck des Karfreitags zu begehen. Die Vorahnung dessen, was am nächsten Tag geschehen wird, legt sich wie ein düsterer Nebel auf diese Stunde.
Aber die Lesungen der Liturgie verweben zwei Ereignisse miteinander, die eine ganz andere Botschaft haben: In der ersten Lesung hörten wir aus dem Buch Exodus vom Aufbruch der Israeliten aus der Gefangenschaft des Pharao und dem Auftrag, das Pessachfest als ewige Erinnerung zu feiern. Die Lesung aus dem ersten Korintherbrief überliefert uns den Abendmahls“bericht“ des Apostels Paulus, die Einsetzung der Eucharistie zu Jesu Gedächtnis. „Denn sooft ihr von diesem Brot esst und aus dem Kelch trinkt, verkündet ihr den Tod des Herrn, bis er kommt.“
Da ist einmal die große Transformation, die große Verwandlung in der jüdischen Geschichte: aus einer Schar von unfreien Menschen in der Fremde, an den Fleischtöpfen Ägyptens wird durch die Tat Gottes ein befreites Volk, das einen langen Weg zurücklegen muss, um sich wirklich frei zu fühlen und zu erleben: wir sind Gottes Volk. Mit einem Mahl, wenn auch hastig eingenommen, beginnt dieser Weg der Verwandlung.
Da ist die zweite große Transformation, die große Verwandlung: der Rabbi aus Nazareth mit seinen Taten und Worte in Kafarnaum, in Jericho, Jerusalem und anderswo erweist sich als der Kyrios, der Christus, gekreuzigt, gestorben und von den Toten auferweckt. Gott schließt damit einen neuen Bund mit den Menschen. Auch diese Verwandlung beginnt mit einem Mahl.
Ohne den Exodus wäre Israel auf die Dauer in Ägypten untergegangen. Ohne das Kar- und Ostergeschehen wären die Zwölf ohne Bedeutung geblieben, die Botschaft vom Reich Gottes wäre verhallt. Die Verwandlung hat Leben ermöglicht, Zukunft geschenkt.
Deshalb ist für uns Christen, die Feier der Eucharistie so wichtig.
Es geht nicht nur um die Wandlung von Brot und Wein in den Leib und das Blut Jesu Christi, in die umfassende Wirklichkeit seiner menschlichen und göttlichen Person.
In dieser Feier geschieht immer wieder neu die Verwandlung unserer unheilvollen, zerbrechlichen, endlichen Welt in eine Welt mit göttlicher, ewiger Dimension.
Heute am Gründonnerstag, und in diesen österlichen Tagen feiern wir das Fest der Verwandlung. Ein Fest aber, das keinen Bezug zum Alltag hat, ist ein fades Fest.
Damit das auf uns nicht zutrifft, gebe ich uns ein gerne ein Wort aus einem Lied von Peter Janssens weiter:
Wandelt euch und wandelt gut! Euer Wandel Wunder tut.
Einer trägt des Andern Last,
einer hält beim Andern Rast
Wandelt euch und wandelt gut! Euer Wandel Wunder tut.
Last des Lebens, Last zu zweit,
halbe Last und halbes Leid.
Also dann: wandeln wir uns und wandeln wir uns gut. Unser Wandel Wunder tut