Altes Wort mit neuem Klang

Predigt in Hönningen/Ahr am nachgeholten Fronleichnamsfest
Wir tragen ein Stück Brot durch die Straße – wenigstens für den zufälligen Zuschauer sieht es so aus.
Für uns ist es die Eucharistie!
Jemandem ein Stück Brot zeigen heißt letztlich, ihn einladen: zum Essen, zum Brot teilen.
In unserer Sprache gibt es ein Wort, das ursprünglich bedeutete, das tägliche Brot miteinander teilen, das aber heute einen etwas anderen Beigeschmack bekommen hat: „Kumpan“.

(c) Bistum Mainz/pfarrbriefservice

Es kommt aus dem lateinischen companis“ – con (mit) und panis (Brot) und meint den, mit dem ich das tägliche Brot teile, aber auch denjenigen, der die gleichen Erfahrungen mit mir macht, die gleiche schwere Arbeit zu leisten hat, der mit mir so vieles teilt, was der Tag bringt.
Auch im Französischen gibt es dieses Wort: „copain“.Es meint den Menschen, der sich aus allen anderen heraushebt und der mir in Freundschaft verbunden ist, einen Menschen, der mir viel bedeutet, der mir so lebensnotwendig ist, wie das tägliche Brot.
So gesehen sind wir alle „Kumpane Jesu“, einmal weil er dieses Brot mit uns teilt, und zum anderen, weil er selbst dieses Brot ist –das Geheimnis unseres Glaubens schlechthin, und wir ihn brauchen wie das tägliche Brot.

Wir alle sind also Kumpane Jesu –
Aber wir sind keine geschlossene Gesellschaft. Dies ist hier keine Veranstaltungen nur für die Frommen. Wir sind allenfalls die, die der Einladung gefolgt sind, ein Bruchteil derjenigen, die alle eingeladen sind.
Auf der Gästeliste stehen viel mehr, auch diejenigen, die sich vielleicht gar nicht vorstellen können, eingeladen zu sein, und von denen manche von uns sich nicht vorstellen können, dass sie dazu gehören. Zum Beispiel: die wiederverheiratenen Geschiedenen und viele, die uns inzwischen den Rücken zugekehrt haben. Wir dürfen uns nicht zufrieden damit geben, dass sie nicht mehr da sind.

Blütenteppich in Hönningen/Ahr

Unser neuer Papst Leo XIV. sagte als er nach seiner Wahl auf den Balkon der Peterskirche trat: Wir müssen gemeinsam nach Wegen suchen, wie wir eine missionarische Kirche sein können, eine Kirche, die Brücken baut, den Dialog pflegt und stets offen ist, alle mit offenen Armen aufzunehmen, alle, alle die unseres Erbarmens, unserer Gegenwart, des Dialogs und der Liebe bedürfen. [1]

 Christ-sein ist nicht unser Privatvergnügen. Es geht nicht darum, dass es MIR gut geht, dass ICH die Gebote befolge, dass ICH in den Himmel komme. Christ-Sein heißt „Missionar/in“ sein – unser neuer Papst gibt dem Wort einen neuen Klang. „Missionar/sein“ sein beginnt mit dem Brückenbauen zu den Menschen.

Sein Vorgänger Papst Franziskus hat es so gesagt: Das Drama der Kirche besteht heute darin, dass Jesus weiter an die Tür klopft, aber von innen, damit wir ihn hinauslassen! Oft enden wir als eine „gefangene“ Kirche, die den Herrn nicht nach draußen lässt, die ihn als „ihr Eigentum“ zurückhält, während der Herr mit einem Auftrag für uns gekommen ist und will, dass wir missionarisch sind.[2]

Das gilt auch für uns hier in Hönningen. Fragen wir uns kritisch: sind wir eine „gefangene Kirche, die den Herrn nicht nach draußen lässt“?
Wenn wir gleich mit der Prozession nach draußen gehen, Christus verehren und ihn allen zeigen, dann entscheidet es sich, ob das nur eine schöne Tradition ist, ein frommes Theater oder ein Zeichen unserer missionarischen Haltung?

Sind wir als Kumpane Jesu unterwegs zu den Menschen? Wollen wir Brücken bauen zu ihnen? Was heißt das für unser Leben als Gemeinde?
Zum Jahresende wird die Pfarrei Hönningen aufgelöst; dann gibt es im mittleren Ahrtal nur noch eine Pfarrei von Dernau bis Liers.
Was daraus in Hönningen wird, ist liegt auch in Ihren Händen! Warten Sie nicht auf die da oben, warten Sie nicht auf die Berufskatholiken! Sie alle sind Kumpane Jesu!

Jetzt ist die Zeit, jetzt ist die Stunde.
Gehen wir hinaus – nicht nur heute – als Kumpane Jesu und Missionare zu den Menschen.
Stellen wir unsere Hände, unsere Füße und unser Herz zur Verfügung.
Lassen wir uns führen – denn Gott ist es, der unser Handeln fruchtbar macht. (vgl. [3])

[1] https://www.vatican.va/content/leo-xiv/de/messages/urbi/documents/20250508-prima-benedizione-urbietorbi.html

[2] https://www.vatican.va/content/francesco/de/speeches/2023/february/documents/20230218-convegno.html

[3] Papst Franziskus 27.3.2013

Brücken bauen – Ein Fest für Dernau


Es war ein großes Fest für Denau: am 18.Juni wurde die neue Brücke über die Ahr eingeweiht (die erste kommunale Brücke über die Ahr nach der Flut) und am 19.Juni fand die Fronleichnamsprozession unter dem Thema „Brücken bauen“ statt. Erste Station der Prozession war die neue Brücke. Den ersten Altar haben die Kommunionkinder gestaltet. Im Hintergrund sieht man den Zug mit Schotter, der zuerst die Prozession aufhielt und dann zu einem Symbol dafür wurde, wie es überall im Tal dank der Arbeit vieler wieder aufwärts geht.
Die vier Altär hatten ihr Thema:
1. Wir freuen uns über die neue Brücke

2. Altar Christus – die Brücke Gottes zu uns Menschen
3. Altar Gräben überwinden – die Brücken meines Lebens
4. Altar Eine Brücke in die Zukunft unserer Gemeinde

Alle Texte  bei den einzelnen Stationen finden Sie HIER zum Download.

Woran glaubst Du?

KI generiert

Der Versuch einer Antwort am Dreifaltigkeitsfest

Am Pfingstmontag wurden in einem ökumenischen Gottesdienst kleine Buttons verteilt mit der Aufschrift „Ich glaube“. Wenn man ihn ansteckte, lief man Gefahr, dass man gefragt wird: Woran glaubst Du? –

Es wäre gewiss interessant, wenn jeder und jede von uns jetzt hier eine Antwort geben würde. Ich bin gewiss, die wenigsten würden das Glaubensbekenntnis aufsagen, die wenigsten würden sagen: ich glaube an den dreifaltigen Gott.
Das heutige Dreifaltigkeitsfest fordert uns heraus, auf die Frage „Woran glaubst du?“ eine Antwort zu geben.

Das erste, was wir wissen müssen ist: „Dreifaltigkeit“ –ist zuerst einmal ein Bild aus der Sprache der Theologen. Thomas von Aquin, der große Theologe des Mittelalters, schrieb im Vorwort zu einem seiner Werke: Was wir von Gott wissen, ist weit weniger als das, was wir von ihm nicht wissen. Er bleibt für uns das Geheimnis.

Versuchen wir, uns Gott trotzdem zu nähern. Beginnen wir bei uns selbst: beim Kreuzzeichen, das wir machen.
Es ist ein Bekenntnis des dreifaltigen Gottes. Aber was bewegt uns dabei? – GlaubensWISSEN, KatechismusWISSEN allein trägt uns nicht.
Unsere Vorstellungen von Gott haben etwas zu tun mit unseren persönlichen Erfahrungen, mit unserer Erziehung, mit unserer ganz persönlichen Glaubensgeschichte.

Wie begegnet Gott mir? wie treffe ich ihn in meinem Leben an?

Martín Alfonso Sierra Ospino/pixabay

1.) Ich entdecke bei mir und anderen – der Mensch braucht Halt, festen Boden unter den Füßen – etwas, was uns trägt und hält, etwas, das nicht so instabil ist wie unsere tägliche Existenz.
Glauben bedeutet: ich habe festen Boden unter den Füßen. Wer glaubt sucht Halt.
Da passt das Wort/Bild vom „Vater“, der uns stehen hilft und der selbst in sich festen Stand hat.
Das Erste Testament spricht im Psalm 131 von der Mutter.
Gott ist für mich Vater und Mutter, eine/r, der mir Halt gibt!

 

2.) Doch der Halt genügt nicht – selbst, wenn ich weiß, wohin ich meine Füße setzen kann, suche ich Menschen, die mir begegnen, die bei mir stehen bleiben, die mit mir gehen.
Wir suchen solche Menschen – Menschen, die uns nicht einen Mantel zuschneiden, in den wir hineinpassen müssen, die Freiheit kennen und geben, die mich sein lassen, wie ich bin oder wie ich sein möchte.

Mir fällt Jesus ein: wie er den Menschen begegnet ist, nicht bedrohend, ermutigend, geduldig mit den Menschen, liebevoll, zärtlich, mit den Menschen unterwegs.
Er ist der „Sohn“. Das Wort meint mehr als die Abstammung (so wie ich der Sohn eines Vaters bin). Es beschreibt jemanden, der von Gott her kommt, der ganz aus der Beziehung zum Vater lebt und für die Menschen da ist.
Gott erfahre ich in Jesus als jemand, der aus der Beziehung zum Vater lebt, der mein Leben geteilt hat und teilt bis hinein in den Tod.

3.) Halt und Begleitung alleine machen es aber auch nicht – es muss noch etwas hinzukommen. Etwas, das, was mich antreibt, was mich drängt, schiebt, bewegt. Ich muss hoffen können, um Zukunft zu haben. Wenn ich unbeweglich bin, lebenslahm, dann geht es mit mir zu Ende.
Hoffen wider alle Hoffnung- ins Dunkle hinein gehen können voller Zuversicht – da spüre ich den Geist, der weht, wo er will, und der uns tiefer in  alles einführt und so uns lebendig erhält. (Joh 16,12-15) Er ist wie ein Wind oder Sturm, der vieles bewegt.
Der Geist (hebr. ruach, griech. pneuma)ist im Deutschen männlich, der Geist. Im Hebräischen weiblich, die Geistin oder die Geisteskraft.
Gott erfahre ich als Geisteskraft, die mich bewegt und vorantreibt.

Es ist der eine Gott, der mir unterschiedlich begegnet!
Sind wir jetzt nicht wieder beim Ausgangspunkt unserer Überlegungen?
Für mich findet die Theologensprache von der Dreifaltigkeit jetzt  Widerhall in meinem Leben.

Meine Erfahrungen mit Gott bestimmen die Bilder, die ich von ihm habe.
So war es auch im alten Israel- man sprach vom „Gott Abrahams, Isaaks, Jakobs“
Der Gott Abrahams – Gott der herausführt, Gott der Verheißung;
Der Gott Isaaks – Gott, der beschützt;
Der Gott Jakobs – Gott, der kämpft und streitet!

Jeder und jede macht sein, macht ihre Erfahrungen – das Bekenntnis des dreifaltigen Gottes ist das, was uns eint.

Für mich ist Gott, der Vater, der uns trägt und erhält;
Gott, der Sohn, der uns begleitet auf unserem Weg; uns Mut macht;
Gott, der Geist, die Geisteskraft, die uns drängt und lebendig erhält.

Das ist mein Versuch, vor dem Hintergrund des heutigen Festes eine Antwort zu geben.
Wie fällt Ihre Antwort aus: wenn man sie fragt, woran glaubst Du?

 

Wenn Sie möchten, können Sie gerne Ihre Antwort in die Kommentare schreiben.

Christentum ist Brandstiftung

Der Tag begann wie jeder andere – dieser 5o.Tag nach dem Paschafest in Jerusalem. Juden aus aller Herren Länder waren in die Stadt gekommen, um hier das Pfingstfest, das „Wochenfest“, wie sie es nannten, mitzuerleben, so wie es seit den Tagen des Mose vorgeschrieben war.  Unter den vielen fiel jene kleine Schar verängstigen Menschen gar nicht auf, die Anhänger jenes Jesus von Nazareth, den man vor ein paar Wochen ans Kreuz geschlagen hatte, einer von vielen Phantasten, religiösen Eiferern, die die Stadt schon oft erlebt hatte und die sie und ihre Bewohner kaum noch erschüttern können.  Jerusalem war längst über diesen Jesus und seine Anhänger hinweg zur Tagesordnung übergegangen.

Da geschieht das, womit niemand gerechnet hatte: ein Sturm erfüllt das Haus, in dem sich die Jünger Jesu aufhalten, ein anderer Wind weht plötzlich mitten in Jerusalem,- die Bibel sagt: „Heiliger Geist, Gottes Geist, Christi Geist“.
Zungen wie von Feuer verteilen sich, der Funke springt über, setzt die Frauen und Männer in Brand, begeistert sie. Pfingsten ist Brandstiftung!
Sie alle wurden erfüllt von Heiligem Geist„, lesen wir in der Bibel.  Pfingsten in Jerusalem, damals – doch kein Tag wie jeder andere.

Und bei uns, bei den Christen, den Jüngern dieses Jesus heute? Allenfalls ein Gedenktag, ein Fest, mit dem wir uns schwer tun, schwerer jedenfalls als mit Weihnachten und Ostern.  Sieht man einmal ab vom Feiertag, ist Pfingsten eben wieder ein Tag wie jeder andere.

Sören Kierkegaard, ein großer Theologe, hat es schon im 19.Jahrhundert auf den Punkt gebracht: Geist ist Feuer, das Christentum ist Brandstiftung, und vor dieser Feuersbrunst bangt natürlich den Menschen mehr als vor irgendeiner anderen.

Christentum ist Brandstiftung, und kritisch hat Kierkegaard angemerkt: „ihr macht da was Warmes, Gemütliches draus und regelt das Feuer, das von Jesus ausgeht, auf Zimmertemperatur herunter, macht dann eure traditionellen Feste und Traditionen, wo niemals was Ansteckendes draus folgt, wo folgenlos über Liebe und Licht geredet wird“.

Eine ernüchternde Bilanz. Aber: stellen Sie sich einmal vor: wir alle würden heute ergriffen sein von einem Schriftwort. Wir würden ernst machen mit dem Gotteswort, das wir zum Beispiel eben im Epheserbrief gehört haben: Seid demütig, friedfertig und geduldig, ertragt einander in Liebe, und bemüht euch, die Einheit des Geistes zu wahren durch den Frieden, der euch zusammenhält.
Wir würden heute hier herausgehen und wären: Demütig, friedfertig, geduldig, ertragen einander in Liebe.

Dann würde Bewegung in unser Leben kommen, dann wäre Feuer unterm Dach, ein anderer Wind würde wehen, der unser Lebensgebäude erschüttern ließe.
Alle unsere Sorgen und Probleme und unsere vielfältige Not verschwinden zwar nicht, aber sie beherrschen nicht mehr unser Denken, nehmen nicht mehr den ersten Platz ein.
Stattdessen bemühen wir uns um Demut, Frieden, Geduld, Liebe.

(c) Rudy and Peter Skitterians / pixabay

Es wäre Feuer unterm Dach und wir würden zu Brandstiftern werden. Wir wären nicht mehr nur eine religiöse Spielart unter den vielen Heilsanbietern in einer religiös wertneutralen Gesellschaft. Wir wären Brandstifter, die eine Welt entflammen können. Nicht mehr unser Geist bestimmt unser Handeln, menschlicher Geist, der seine Grenzen hat, nein, Heiliger Geist, Gottes Geist hat uns ergriffen.

Wir würden uns unserer Gaben, unserer Fähigkeiten bewusst werden, die Gott uns gegeben hat.
Wir würden uns nicht mehr als fertige Menschen betrachteten,
die nichts mehr überraschen kann,
nichts mehr in Staunen versetzt,
nichts mehr bewegt,weil doch alles schon einmal dagewesen und weil man sich so bequem eingerichtet und mit allen und allem arrangiert hat,

Wir würden uns stattdessen vom Wind Gottes tragen lassen.
Gesetzt den Fall – wir würden wirklich das tun:
Demütig sein, friedfertig, geduldig,  einander in Liebe ertragen.
Dann wäre wirklich Pfingsten und nicht nur ein Feiertag im Kalender.