Auf geht’s: von Bethlehem nach Jerusalem

In alten Kirchen sieht man oft auf dem Triumphbogen rechts und links die Darstellungen zweier Städte: Bethlehem und Jerusalem. Zwischen beiden spannt sich der Bogen. Zwischen beiden liegt eine eigentümliche Spannung.
Bethlehem – wer denkt da nicht an die Weihnachtsgeschichte, an das Kind im Stall, an die Chöre der Engel, die Hirten, die Anbetung durch die Weisen aus dem Morgenland? Der Name der Stadt steht für Geborgenheit und Wärme, Liebe und Freude, für die Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes.
Jerusalem – andere Bilder drängen sich auf: die: Auseinandersetzungen Jesu mit den Pharisäern und dem Hohen Rat, die Vertreibung der Geschäftemacher aus dem Tempel, der Prozess Jesu, sein Leidensweg, sein Tod am Kreuz. Hektik und Lärm, Gesetze und Norm, Rücksichtslosigkeit und Profitgier, Leid, Schmerz und Tod.
Bethlehem wird zum Synonym für das Fest, die Feier im menschlichen Leben, während Jerusalem mehr den Alltag mit seinen Eigengesetzlichkeiten repräsentiert.

Heute beginnt wieder der Weg von Bethlehem nach Jerusalem. Und dabei begleitet uns das Fest der Taufe des Herrn wie ein Proviantpaket für den Weg. Die Zusage, die Gott jedem und jeder von uns in der Taufe gegeben hat: „Ich bin Gottes geliebter Sohn, Gottes geliebte Tochter“ und der Auftrag, der dieser Erwählung entspricht, ist der Proviant in unserem Lebensrucksack !

Jesus, der „Immanuel“, der Gott-mit-uns, geht mit uns den alltäglichen Weg nach Jerusalem. Er kennt die Strecke gut, denn er ist diesen Weg schon einmal vor uns gegangen.

siehe auch: „Katholische für Fortgeschrittene“

 

Israel III: Unterirdisch

Ich war schon oft in Jerusalem, aber die Höhle des Salomon, wie das Plakat am Eingang etwas reißerisch verkündet, habe ich bisher gemieden. Irgendsoein Touristen-Nepp – war meine Vermutung. Heute wurde ich eines Besseren belehrt: die Höhle ist mindestens 2000 Jahre alt, wenn nicht sogar noch 1000 Jahre älter. Auf jeden Fall wurde sie seit dem Bau des herodianischen Tempels im ersten vorchristlichen Jahrhundert und bis ins 16.Jahrhundert nach Christus als Steinbruch benutzt. Andere Quellen glauben sogar, dass schon König Salomon die Steine des Steinbruchs für seinen Tempel- und Palastbau verwendet hat.
Der Zugang zur Höhle befindet sich östlich des Damaskus-Tores. 230 m weit reicht sie unter der Altstadt-Mauer hinein ins moslemische Viertel. Die größte Halle ist 100m breit und die durchschnittliche Höhe mißt 15 m.
Als sie im 19.Jahrhundert entdeckt wurde, haben die Freimaurer sie mit König Salomon in Verbindung gebracht. Für sie war der Herrscher der erste Freimaurer. Sie nutzten die Höhle für ihre Feierlichkeiten.
Die Legende berichtet von einem anderen Namensgeber: König Zedekiah versuchte während der Belagerung der Stadt durch die Höhle zu fliehen. Er wurde aber gefangengenommen und seine Söhne wurden vor seinen Augen umgebracht. Er selbst wurde geblendet. (Nachzulesen im 2.Buch der Könige Kapitel 25) Wenn wundert es da, dass das Wasser, das aus einer Quelle herabtropft als „Zedekiahs Tränen“ identifiziert wird.
An einigen Stellen sieht man heute noch im Fels die Ansätze der Blöcke, die man hier aus dem Kalkstein gebrochen hat und man erinnert sich an die großen Blöcke der Klagemauer. Und wenn man der anderen Theorie folgt wird plötzlich das erste Buch der Könige (Kapitel 5, Vers 31) lebendig: „ Der König ließ mächtige, kostbare Steine brechen, um mit Quadern das Fundament des Tempels zu legen.“
So schließt sich am letzten Tag in Jerusalem ein Kreis: vieles, was man oberirdisch in vielfältiger Architektur bestaunt hat, stammt aus diesem Steinbruch – sozusagen vor der Haustür.

Israel II: Die weggefegten Gebete

Es ist wie immer am späten Freitagnachmittag an der Klagemauer in Jerusalem: eine eigentümliche Spannung liegt in der Luft. Von allen Seiten strömen die Menschen herbei: die einen mit ihren Schabbesdeckeln oder ihren Gebetsmänteln, andere in Alltags- oder Freizeitdress nur mit einer Kippa auf dem Kopf, Soldaten in ihren Uniformen mit ihren Maschinengewehren. Die Lautsprecher-durchsage kündet den Shabbat an.

In den Ritzen der Klagemauer stecken die Zettel mit den Gebeten. Hier am einzig verbliebenen Rest des jüdischen Tempels glaubt man, Gott besonders nahe zu sein, und um sicher zu gehen, dass er sich der Anliegen erinnert, überreicht man sie gleichsam auch noch einmal in Schriftform. Wieviele Gebete mögen von hier in den Himmel gestiegen sein?

In der letzten Stunde vor dem Shabbatbeginn wird Ordnung geschaffen auf dem Platz vor der Klagemauer. Tische und Bänke werden sortiert und auch das Reinigungspersonal rückt an. Gebetszettel, die nicht fest in der Mauer stecken oder zu Boden gefallen sind, werden aufgefegt und in Müllsäcken „entsorgt“.

Auf den ersten Blick befremdet es mich. Eben noch habe ich staunend auf die Zettel geschaut und der vielen Menschen gedacht, die hier gebetet haben, jetzt werden sie zusammen gefegt wie weggeworfener Papierabfall.  Mir wird bewusst: so wichtig es für uns Menschen ist, dass wir Orte haben, an denen wir beten können, Dinge, die unser Gebet „fassbar“ machen wie die kleinen Zettel oder die Kerzen, die in unseren Kirchen brennen, für Gott zählt nur das betende Herz. Von dort findet das Anliegen seinen Weg zu ihm.

Manchmal braucht es so „brutale“ Methoden, um es uns neu bewusst zu machen.